Foods, Business Management, Information Technologies, …

Dienstag, den 17. Juli 2007

Heute weiß ich, was ich noch mehr tun kann, als um acht Uhr am Frühstückstisch zu erscheinen: Noch vor halb acht binnen einer Minute aus dem Bett springen und mich anzuziehen, um für Stuart draußen den Kopf einer Kuh hochzuhalten. Vielleicht lasse ich das zur Abwechslung einfach mal so stehen.

Heute morgen, als ich um halb sechs aufgewacht bin, ist mir zum wiederholten Male aufgefallen, dass ich hier in Australien mich morgens an meine Träume erinnere. Ich bin mir nicht so sicher, ob ich das wirklich möchte. Ich habe mich daran gewöhnt, es nicht zu tun und bin eigentlich ganz gut damit klargekommen.

Ich glaube, so langsam wird mir auch klar, warum die beiden auf der Gastfamilien-Bewerbung bei „What household duties would you expect of your exchange student?“ nur „Tide own room. Feed small animals & chooks. Tide up after yourself.“ angegeben haben. Zusätzlich noch „Get wood. Vacuum the floor. Feed big animals. Drag calves. Get the dishes back to the cupboard. Watch the fire.“ hätte einfach nicht in das Feld gepasst.

Mit ein paar Minuten Verspätung holt mich Kim um zwanzig vor zehn von der Farm ab, um mit Samira und mir zur Schule zu fahren, damit wir dort unsere Fächer wählen können.
Auf dem Weg dorthin fällt mir auf, dass auch hier in Australien gewisse Wörter in Liedern mit Pieptönen versehen werden, ganz so, wie man es aus Amerika kennt. Schon eine interessante Sache, Greenday mit American Idiot so zu hören. Ich glaube, das ist das erste Mal, das mit bewusst geworden ist, wie oft ein gewisses Wort in dem Lied enthalten ist.
Ebenso interessant ist die Tatsache, dass es hier in Australien anscheinend an der Tagesordnung ist, kaputte Frontscheiben zu haben. Car-Glas hätte hier mit deren Spezial-Kitt wohl nichts zu holen, von den vier australischen Autos, die ich bis jetzt kenne, hatten zwei einen Sprung in der Frontscheibe. Keinen kleinen, sondern zehn Zentimeter oder mehr.
Und dann passiert etwas, was in meiner Familie ein bisschen kurz kommt: Kim fragt Samira danach, wie sie sich fühlt. Es ist nicht so, dass ich es übertrieben stark vermissen würde. Nur wenn es total fehlt, merkt man es schon. „How are you doin‘?“ ist eben nicht das selbe wie ein „Wie geht es dir?“.

Die Fächerwahl selbst gestaltete sich relativ relaxed, ich habe meine sechs Fächer einfach finden können: Information Technologies, Foods (wird aber eventuell durch Spanisch ersetzt), English, Mathmatics, Business Management, Physics. Was ich mit meiner geisteswissenschaftlichen Verpflichtung mache, ist mir noch nicht so ganz klar. Ich werde gleich einmal in der Schule in Deutschland anrufen und das abklären.
Es gibt einige interessante Unterschiede zu den deutschen Schulen, beispielsweise sind Handys generell verboten. Es sei allerdings an der Tagesordnung, dass trotzdem viele Schüler welche mitbrächten. Fühlt sich ein wenig an, als sei man in Bayern. Ipods oder andere MP3-Player hingegen seien erlaubt und, solange der Lehrer nichts dagegen habe und man sich nicht im Frontalunterricht befinde, ausdrücklich geduldet.
Außerdem bekommt jeder von uns den sogenannten student planners – eine Art Kalender, von der Schule eigens für ihre Schüler gedruckt, der die Schulregeln und einen ganzen Haufen anderen Krams enthält.

Die Schule verfügt über einen Haufen von Flügeln für die verschiedenen Fachgebiete, so dass wir heute mehrfach durch den Regen laufen müssen, um alle zu sehen. Außer Samira und mir ist noch eine italienische Austauschschülerin dabei. Die verschiedenen Flügel sind mit Buchstaben bezeichnet, so beispielsweise A für arts, S für science oder T für technologic, darüberhinaus aber auch noch C, G, M für Flügel oder einzelne Räume – und bestimmt noch einige weitere. In nahezu allen Flügeln befinden sich Computerarbeitsplätze und jeder Schüler bekommt seinen eigenen Login.
Die Schließfächer für die Schüler befinden sich im Außenbereich und dort verbleibt auch der Schulranzen, man nimmt immer nur das mit rein, was man für die nächsten zwei Stunden benötigt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Für das eigene Schließfach sollte sich jeder Schüler ein Schloss besorgen.

Nach der kleinen Schultour und dem wahrscheinlich letzten freundlichen chat mit der Schulleiterin (wer weiß schon, zu welchen Anlässen man einander wiedersieht) begeben wir uns wieder zum Eingang, wo Kim auf uns wartet.
Wir fahren noch beim örtlichen Golf- und Bowlingclub vorbei und essen zu Mittag. Es regnet und ich gönne mir ein Schnitzel mit Salat. Zum ersten Mal in Australien schmeckt mir das Essen wieder wirklich. Es ist gutes Essen, ein wenig deutsch – und vor allem nehme ich mein Mahl in guter Gesellschaft ein.
Während des Essens erfahre ich, dass meine Nachbarn so um die sieben Computer haben, drei oder vier Fernseher – davon einen als Beamer-Ausführung -, eine X-Box, natürlich dementsprechend Internet und dass sie mit Samira schon über ICQ gechattet haben, bevor sie kam. Dann sprechen wir über meine Gastfamilie. Samiras Gastmutter merkt an, dass Stuart in einer schlechten Stimmung gewesen sein muss, als sie mich abgeholt hat. Ich denke nur: „Schlechte Stimmung? Er war wie immer“. Die beiden beschreiben Samira meine Gasteltern in gewohnter british understatement Marnier der Australier mit „different“. Sie hätten selbst keine Kinder, würden keinen Urlaub machen und überhaupt nicht herumkommen. Es ist wirklich hilfreich, eine Einschätzung von außen zu haben und ich muss doch sagen, sie bestärkt mich ein wenig in meinen Ansichten.
Als wir im Begriff sind zu gehen, frage ich Kim „What do you get for that food?“ und sie guckt mich nur verständnislos an. Ich frage erneut, sie braucht einen Moment, dann antwortet sie: „It’s ok“.
Im Auto, während Samira und ich auf Kim warten, die für zwei Minuten in ein Haus gegangen ist, wechseln wir einige deutsche Worte. Ich erfahre, dass sie sehr zufrieden mit ihrer Gastfamilie ist. Sie kann ihre Gastgeschwister mit einem der motorbikes der Familie von der Bushaltestelle abholen und vor allem bekommt sie jeden Morgen und Abend einen Kuss und eine Umarmung. Ich glaube, nein, ich weiß, dass das das erste Mal ist, dass ich seit der Begrüßung durch Jill am Flughafen dieses Wort schreibe und ich glaube, das ist schon ein wenig bezeichnend.
Kim fragt, ob ich noch bei Jill vorbeischauen müsse und ich verneine. Dabei fällt mir auf, dass wir Deutschen dazu tendieren, „yet?“ zu fragen anstelle von „now?“ und zwar, wie Samira Kim ganz einleuchtend erklärt, weil wir das deutsche Wort „jetzt“ haben. Mir fällt ein, dass ihr zuvor das gleiche mit dem Wort „smell“ anstelle „taste“ für „schmecken“ passiert ist.

Zurück auf der Farm (ich war gerade dabei, ‚zu Hause‘ zu schreiben, als ich mich umentschieden habe), es regnet immer noch, bietet Kim mir an, ich könne gerne einmal herüberkommen, wenn ich von zwei kleinen Kindern gepiesackt werden wollen würde. Und ich glaube, sie hat mir angesehen, dass ich das nur zu gerne würde.

Der Regen hört bald auf, aber ich bleibe drinnen. Mir ist heute wirklich nicht nach Kälber füttern zumute. Als Jill nach Hause kommt, gibt sie mir die Toastverpackung, die seit Tagen in der Küche steht und mit Abfällen gefüllt wird, und bittet mich, damit die Hühner zu füttern.

Hühner

Und sie bittet mich, die Pferde auf den gegenüberliegenden Paddock umzustellen. Das kleinere, helle Pferd heißt übrigens „Chester“, das andere „Firework“.

Chester

Firework

Chester

Und wo ich schon einmal draußen bin, bringe ich auch gleich das Papier, das in der Eile heute morgen seinen Platz in einem meiner Gummistiefel gefunden hat, in die Tonne.

Die Nachfrage bei der Schule in Deutschland ergibt unterdessen, dass ich meine Verpflichtung, ein geisteswissenschaftliches Fach zu belegen, mit ein wenig gutem Willen der Schule hier leicht erfüllen kann: Ich werde einfach darum bitten, Business Management im Zeugnis als Economics and Politics oder so ähnlich eintragen zu lassen. Politik soll mein drittes Prüfungsfach werden und inhaltlich ist das wohl so ziemlich auf einem Level – ob ich jetzt die Lehre darüber, wie man einen kleinen Betrieb führt, Business Management oder Volkswirtschaftslehre nenne, erscheint mir nicht wirklich relevant.

Als die beiden mitdem Melken nachezu fertig sind, hole ich noch ein wenig Holz. Jill sagt, es würde eine kalte Nacht werden und ich habe es dann doch ganz gern ein wenig warm. Der Wetterbericht sagt, heute morgen sei in Sydney der kälteste Morgen seit 21 Jahren gewesen. Und ungefähr so habe ich mich in den letzten Tagen auch gefühlt.
Auf dem Weg, Holz zu holen, entdeckt Jill die Toastverpackung von vorhin; ich hatte sie am Zaun festgeklemmt, um die Hände für die Pferde freizuhaben. Blöde Sache, das.

Beim Studium des student planners stoße ich auf diverse Seiten mit Gesundheitsempfehlungen. Sogar eine der Schulregeln besagt, dass im Sommer in den Pausen und bei allen anderen Aktivitäten, die draußen stattfinden, eine Kopfbedeckung getragen werden muss – verpflichtend. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass Schule in Australien mehr erziehen soll als in Deutschland.

In der Fernsehwerbung fällt mir heute ein interessanter Spot auf: Eine Sterbeversicherung wird angepriesen, ein sehr authentisch wirkender Herr fortgeschrittenen Alters macht auf die Vorteile aufmerksam. Irritierend fand ich nur den Hinweis auf die 30-Tage-Geld-zurück-Garantie.

Abends wieder Big Brother und ich gehe ins Bett. In Gedanken an den Tag und an alle, die noch kommen mögen.

it’s getting warmer!

Montag, den 16. Juli 2007

Es wird tatsächlich wärmer. Das liegt allerdings weniger am Wetter als daran, dass seit heute morgen die kleine Standheizung, die sonst im Zimmer der Gäste stand, ihren Platz im Wohnzimmer gefunden hat und dort ihre wohlige Wärme verbreitet. So etwas wünsche ich mir auch für mein Zimmer…
Als ich durchs Bad bin und allein mein Frühstück genieße (ich habe mittlerweile ein Buttertoast und eines mit Erdnussbutter zu meinem bevorzugten Frühstück erklärt), verabschiedet sich Jill, um zur Arbeit zu gehen. Ich setze mich an meinen Computer und schreibe ein paar Zeilen, bis Stuart hineinkommt, um seinerseits zu frühstücken. Ich grüße ihn mit „mornin'“, aber es kommt nichts zurück. „Na super“, denke ich, „genau so etwas habe ich mir gewünscht!“

Hund

Ich lasse ihm seine Ruhe, bis meinem Laptop schließlich der Saft ausgeht (ich habe mich ohne Netzteil vor den Ofen gesetzt), und setze mich dann zu ihm. Er fragt, was ich die ganze Zeit getan hätte und anscheinend ist es für ihn nicht ausreichend, um 8 Uhr aufzustehen, nach einer Katzenwäsche zu Frühstücken und dann am Computer zu sitzen – für nicht einmal eine halbe Stunde. Nein, er fordert mich auf, meine Zeit doch nicht zu vergeuden, sondern etwas zu tun – wie Staubzusaugen oder Abzuwaschen.

Erwähnte ich schon seine Einstellung zu Computern? Jill formulierte es vor einigen Tagen sehr freundlich, als sie sinngemäß sagte, er habe nicht viel am Hut mit Computern und ich solle deshalb am besten gleich nach der Schule ins Internet gehen, wenn er draußen melken würde. Vor zwei Tagen saßen wir abends zusammen und argumentierte sinngemäß: „Was soll ich mit einem Computer, der sagt mir ja nicht, ob ich von einer Kuh getreten werde!“

Ein wenig später, Stuart erledigt gerade einige Telefongespräche, beginnt es plötzlich zu regnen. Auch wenn Stuart es vorausgesagt hat und die Gehwegplatten im Garten nass sind, so ist es doch recht überraschend für mich. Aber genau so schnell, wie der Regen gekommen ist, verschwindet er auch wieder: Nur zwei Minuten später nieselt es nur noch und einige weitere Minuten später hört er ganz auf.

Dann bekomme ich noch Post von SCCE, die bereits erwartete Versichertenkarte der medibank ist angekommen. Außerdem eine Assurance-Karte von ACE – und ich habe keine Ahnung, wer das nun schon wieder ist. Aber die anderen haben die selbe Karte und im Prinzip ist es nur eine Aufforderung, bei Problemen ein R-Call an sie zu richten, egal wo auf der Welt man gerade ist.
Beigelegt ist der Versicherungskarte noch eine kleine CD-ROM mit den Mitgliederrichtlinien und Datenschutzbestimmungen der medibank. Schon irgendwie wichtig zu wissen, dass künstliche Befruchtungen nicht von der Versicherung abgedeckt sind…
Als Stuart wieder draußen ist, rufe ich bei der Versicherung an und gebe meine neue Postadresse an. Die Callcenter-Agentin ist nur bedingt gut zu verstehen, aber auch das klappt irgendwie. Am Schluss bekomme ich noch eine refund number, scheinbar irgendeine Art von cashback für die Telefonkosten.

Es ist kurz vor elf Uhr, ich gehe Holz hacken (ach, wie ich diesen Satz schon wieder liebe!). Ich bin mir nicht sicher, ob Stuart gestern welches geholt hat, denn der Wagen ist schon fast leer. Und ich denke an einige andere Austauschschüler, die um diese Zeit mitunter noch schlafen. Ich glaube, so früh und so oft draußen zu sein ist mit ein Grund dafür, weshalb ich oftmals am Tag den Wunsch nach Schlaf habe. Nicht unbedingt Schlaf, um wacher zu werden – dafür würde ein Nickerchen reichen -, sondern Schlaf, um meine Zeit für mich zu haben, um nichts tun. Ich habe das Gefühl, ständig auf der Hut sein zu müssen. Außerdem ziehen sich die Tage extrem in die Länge, wenn man um sechs Uhr aufwacht und um acht Uhr aufsteht.

Katze

Hund Rusty

Gerade als ich, wieder im Haus, mich mit der Kälte ein wenig abgefunden habe, entdecke ich eine weitere Heizung. Erstaunlich, wie viele die beiden davon besitzen und wie wenig sie einsetzen. Ich glaube, den australischen Winter zu ertragen, ist auch einfacher, wenn man sanft in ihn hineingleitet, anstatt ihn von einem Tag auf den anderen zu erleben. In der letzten Nacht waren wohl so um die vier Grad minus.

Heute gönne ich mir wieder meine Tagesration von einem Stück Schokolade. Es ist das letzte Stück. 70 Prozent Kakaoanteil übrigens. Und ich hoffe wirklich, dass ich schon vor dem nächsten Wochenende Internet bekomme. Vielleicht kann ich heute Nachmittag noch einmal hineinschauen, Jills Mutter wird mich voraussichtlich nach Numurkah fahren, um mit mir in der Schule die Fächer zu wählen. Wenn ich Glück habe und wir danach noch zu ihr fahren und der Computer an … und so weiter. Vielleicht.

Oder auch nicht. Wie mir Stuart vorm Mittagessen mitteilt, wird das heute nichts. Der Lehrer hätte keine Zeit oder irgendwie so etwas. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden mich morgen die Nachbarn mitnehmen, wenn sie ihre Austauschschülerin zur Schule fahren, damit sie ihre Fächer wählt. Es sind die selben Nachbarn wie diejenigen, von denen Jill mir bereits geschrieben hatte. Die Austauschschülerin ist aus Deutschland und soweit ich das bislang mitbekommen habe, mit EF hier. Sie wird auch hier auf der Farm reiten, weil ihre Gastfamilie keine Pferde hat. Dafür aber eine Computerfirma und Breitbandinternetzugang. Vielleicht kann ich da ja eine Frau gegen drei Kamele … oder so ähnlich.

Mittagessen ist ohnehin so eine Sache. Stuart meinte vorhin vor dem Mittagessen, als er von draußen hereinkam, zu mir: „You’ve been asleep! The fire is nearly out!“ – Mir war gar nicht bewusst, dass von mir erwartet würde, danach zu sehen, nachdem ich einmal Jill den Kamin habe öffnen sehen, Stuart dazu kam und sie nur meinte „oh, it’s not my business“. Aber anscheinend ist es meines.
Mindestens ebenso interessant finde ich auch, dass Stuart gerne seinen Teller auf dem Tisch stehen lässt. Oder die Erdnussbutter. Vorhin war ich mir nahezu sicher, dass sie da vorher nicht stand und als er wieder weg war, war sie dort.

Am Nachmittag sieht die Welt schon wieder ein wenig anders aus. Jetzt, da mein Zimmer und die Küche von mir gesaugt wurden, habe ich so langsam das Gefühl, mein Tagespensum an Arbeit erreicht zu haben und nicht in Rechtfertigungsnöte zu kommen – zumindest heute. Aber ich vermute, meine Mithilfe wird noch einmal erwartet, wenn in einer guten Stunde das Melken beginnt.

Während ich all diese Zeilen schreibe, höre ich Radio. Der Weltempfänger meines Großvaters versieht wundervolle Dienste hier, inklusive Uhr und Wecker. Zwar kann ich trotz angesteckter Langdrahtantenne nur einen Kurzwellensender empfangen (dafür aber unzählige Störungen, wo eigentlich monotones Rauschen sein sollte), aber der UKW-Bereich ist mit zwei Sendern schon etwas voller. Na ja, somewhere in the middle of nowhere eben. Dafür spielen sie die Red Hot Chili Peppers, Lifehouse, Black Eyed Peas und einige andere Interpreten, die mir ein wenig ein Gefühl von Deutschland geben.

Stuart ist heute ein wenig spät dran, er beginnt erst gegen vier Uhr mit dem Melken. Ich füttere die Kälberherde, drei einzelne Kälber und die Hühner. Dann werden sieben Kälber abgeholt, allesamt werdende Bullen. Ich füttere noch eine der Kuhherden – Stuart warnt mich fast zwei Minuten lang davor, ihnen zu nahe zu kommen (Es könne ein klein wenig kitzeln. Ich muss unmittelbar wieder an das Buch ‚Frühstück mit Känguruhs‘ denken) -, dann soll ich ein Kalb in den Stall tragen. Ich hätte gerne ein Foto von mir gemacht hinterher, aber ich will meine Kamera gerne noch weiterhin nutzen – und zwar ohne eine zentimeterdicke Schicht eingetrockneten Matsches. Dann gibts noch Milch für das Kalb, das sich auch erst langsam dazu aufrafft, auf eigenen Beinen zu stehen. Es möchte aber nicht trinken, so dass Jill ihm die Milch zwangsweise einflößt.

Zurück im Haus, gibt es ein wenig Abendessen. Immer noch Reste vom Wochenende (Ich habe mir vorher nie Gedanken darüber gemacht, wie lange etwas im Kühlschrank haltbar ist…), ich wähle diesmal Hühnchen. Pur. Die zu 97% fettfreie Mayonaise schmeckte mir nur in den ersten Tagen. Und da war ohnehin noch alles neu. Dann gibt es ein wenig Aufruhr, weil sich vier Gläser in der Küche befinden und wir nur zu dritt sind. Schnell ist der Bösewicht festgestellt, ich bin es. Ich habe mir doch glatt, nachdem ich am Morgen Milch getrunken hatte, für den Fruchtsaft ein neues Glas anstelle dessen mit eingetrockneten Milchrändern genommen. Unverzeihlich, Schande über mein Haupt!
Die Gastmutter meiner Nachbar-Gastschülerin, die mich morgen mit in die Schule nehmen wird, hat Jill auf der Arbeit angerufen und das ist auch der Grund, weshalb sie jetzt weiß, dass sie mich um halb elf einsammeln wird. Ich bin gespannt.
Als wir später noch ein wenig zusammensitzen, äußert sich Stuart ungläubig darüber, dass ich rechtzeitig aufstehen werde. Als ich meine, dass ich gestern um zwanzig vor Sieben fertig war, meint er sinngemäß: „Na toll, einmal im Jahr! Und wie lange sollen wir auf das nächste Mal warten?“ – Mir ist nicht so ganz klar, was ich noch mehr machen soll, als jeden Tag um acht Uhr in der Küche zu erscheinen. Wohlgemerkt auch am Wochenende und in den Ferien.

Pünktlich um 19 Uhr geht im Hause Cameron der Fernseher an. Faszinierende Sache, die beiden gucken Big Brother. Blöderweise haben wir nur einen Fernseher und das kommt so nahezu jeden Abend. Also gehe ich früh ins Bett – wie jeden Abend.


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