the first day

Donnerstag, den 12. Juli 2007

5.47 Uhr. Kein Wecker klingelt, aber wach bin ich trotzdem. Ich weiß nicht, warum – in Deutschland ist es schließlich kurz vor 22 Uhr. Ich denke an die letzten Tage, die Reise und die Menschen, die mich auf ihr begleitet haben. Gefühlte Stunden später schlafe ich wieder ein, bis mich Jill um halb zehn weckt.
Zum Frühstück esse ich zwei Toasts mit Erdnussbutter. Hat auch irgendwie etwas, creamy peanut butter, obgleich ich die crunchy-Version von zu Hause gewöhnt bin. Die gute aus Amerika…

Jill gibt mir Post von SCCE, zwei Umschläge mit vielen Informationen: Ein 20-seitiges Handbuch soll mir den Weg weisen durch den Regeldschungel, den Kulturstress und all die anderen Dinge. Ich bekomme eine weitere Ausfertigung der Regeln von SCCE, einen Flyer mit Informationen und einem „arrival report for SCCE international students“. Drei bunte Blätter sind prall gefüllt mit Informationen über die verschiedenen Aktivitäten in Victoria in diesem Jahr und über die zwei Reisen, die SCCE in Australien anbietet: Eine Reise in den Norden Queenslands, unter anderem zum Great Barrier Riff, im November und eine nach Zentralaustralien, unter anderem zum Ayers Rock (oder Uluru, wie die Aborigines ihn nennen), im April kurz vor der Ausreise. Der obligatorische SCCE-Werbeprospekt rundet das Paket ab.
Außerdem wird noch zur „arrival orientation“ geladen, die für alle Austauschschüler verpflichtend ist. Sie findet am kommenden Sonntag in Melbourne statt. Weil Jill und Stuart auf der Farm arbeiten müssen, werde ich von den Gasteltern einer Austauschschülerin in Shepparton mitgenommen.

Um 10.15 Uhr setze ich zum ersten Mal an diesem Tag meinen Fuß vor die Tür. Auf dem Rasen liegt Tau und es ist kalt.

Blick die Straße herunter nach Shepparton

Wir fahren nach Shepparton, um dort in einem Second-Hand-Laden („odd shop“) einige Kleidung für mich für die Farmarbeit zu besorgen. Kurze Zeit später verlassen wir schwer bepackt und nur um 41 australische Dollar ärmer den Laden. Jill wollte bezahlen: Die „farm clothes“ seien zur Arbeit da und würden schließlich auch auf der Farm bleiben. In einem Fotoladen kaufen wir einen Adapter, meiner passt nämlich in fünf dutzend Ländern der Welt, nur nicht in Australien. In der Fußgängerzone bemerke ich einige Lautsprecher, fest installiert, aus denen Musik erklingt. Kurios.
Dann begeben wir uns in ein Einkaufszentrum und suchen Schuhe für Jills Nichte. Ich entdecke einen Telstra-Laden, vor dem ein Schild Werbung für ein UMTS-ähnliches Internet macht. Einige Schuhläden später essen wir – gemeinsam mit Jills Mutter – bei Subway, um uns dann wieder auf den Heimweg zu machen.

Blick zur Farm von der Straße aus

Auf der Farm sehe ich mich das erste Mal richtig draußen um und helfe dann Jills Nichte und Neffen beim Füttern der Kälber, während Jill und Stuart die Kühe melken. Später gehen wir Stuart bei einer Nachgeburt zur Hand. Als alles erledigt ist, bekomme ich meine erste regelmäßige Aufgabe: Stuart zeigt mir, wo das Holz gelagert wird, das wir brauchen, damit der Kamin jeden Abend lodern kann.
In einer Voliere nahe des Hauses sind 15 Wellensittiche untergebracht. Mir ist absolut unklar, wie die bei diesen Temperaturen draußen überleben können, aber es scheint ihnen gut zu gehen.

Wellensittich in der Voliere im Garten

Auf einer großen Weide sind die meisten der unzähligen Kälber untergebracht, drei haben ein eigens eingerichtetes Strohhotel und sieben weitere ihren eigenen Stall.

Kalb

Auf dem Rasen hinter der Garage steht Rustys Hundehütte, neben der Haustür ist der Zweitwohnsitz: einige Decken

Am Abend überreiche ich Jill und Stuart die Gastgeschenke und bin innerlich noch immer ein wenig verstimmt darüber, dass sich die DVD über Bremerhaven nicht wieder angefunden hat. Dann telefoniere ich mit meiner local coordinator-in. Mehr oder weniger deshalb, weil das SCCE-Willkommensschreiben fordert: „Don’t wait for Charlotte phoning you, call NOW and introduce yourself!“. Jill schüttelt darüber ein wenig den Kopf, schließlich würde Charlotte sich ohnehin in den nächsten Tagen nach mir erkundigen. Und genau das erzählt Charlotte mir auch.

Am Abend schreibe ich die Tagesberichte für die letzten Tage nach – ich habe ja nun endlich Strom für meinen Laptop – und höre deshalb Stuart erst, als er in der Tür steht. Mein Vater hat zurückgerufen, meine zwei Versuche heute und gestern waren nämlich beide auf Anrufbeantworter und Mailbox aufgeschlagen. Endlich erhalte ich meinen PIN für die EC-Karte der Deutschen Bank.
Ich bin müde und möchte ungern wieder so lange schlafen, zumal Jill ihr Missfallen diesbezüglich hat durchblicken lassen, und gehe gegen 22 Uhr zu Bett.


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