Reisebericht Queensland (Tag 2)

Samstag, den 17. November 2007

Frühstück gibt es in aller Herrgottsfrühe. Also für alle diejenigen, die nicht erst wie ich um kurz nach acht aufstehen, nur einen Happen essen und dann um viertel vor neun pünktlich zur Busabfahrt bereitstehen. Denen, die sich die Zeit zum Frühstücken nehmen, winkt ein reichhaltiges Buffet in „all inclusive“-Manier. Wobei auch mein „Happen“ aus Ei, Fisch vom Great Barrier Riff, einem Erdnussbuttertoast, Rührei, einem Crossaint und Milch besteht. Und in den Toaster würde sogar „Bernd das Brot“ passen.

überdimensionierter Toaster

Die Fahrt geht an den Daintree River, wo wir gegen elf Uhr eintreffen.

Die Boote sind allerdings noch nicht da und so laufen wir vom Fluss ein Stück zurück in eine kleine Ansammlung von Restaurants und Shops für Touristen und nehmen ein zweites Frühstück ein. Für mich gibt es ein Hotdog und ich bin ganz froh darüber, dass ich als zweiter bestellt habe. Die letzten sind nämlich zu spät wieder am Bus zurück und das gibt Minuspunkte für die Gruppe. Zumindest theoretisch.

Schlange

Hotdog

Auf dem Weg zurück zu den Bussen begegnet uns übrigens ein Frosch. Oder vielmehr wir begegnem ihm. Während wir auf die anderen warten und einige Landschaftsfotos machen, fällt uns ein Schild auf, das vor Krokodilen im Fluss warnt. In Englisch, in asiatischen Schriftzeichen und auch groß und deutlich: In Deutsch! Anscheinend haben schon einige deutsche Touristen im Daintree River ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Frosch auf der Straße

Busse

Warnung vor Krokodilen

Gegen halb zwölf brechen wir dann auf zu der ungefähr einstündigen Flussfahrt. Und die beginnt nicht etwa mit Krokodilen, wie man im „Crocodile Express“ durchaus vermuten könnte, sondern mit Fledermäusen. Und mit Logodilen, den Möchtegernkrokodilen. Aber auch mit einer, trotz des verregneten Wetters, schönen Aussicht.

Logodil

auf dem Daintree River

Aussicht am Daintree River

Aussicht am Daintree River

Aussicht am Daintree River

Aussicht am Daintree River

Aussicht am Daintree River

Apropos verregnetes Wetter: Es sieht nicht nur zugezogen aus, sondern es nieselt auch. Ist ein wenig unpraktisch mit der Kamera – in der Bootsmitte ist es trocken, aber man hat keine Aussicht. Weiter außen wird die Aussicht besser, aber auch die Nässe nimmt zu. Mein Schulhut leistet mir hier gute Dienste zum Schutze meiner Kamera.

Fledermäuse am Ufer

Fledermäuse am Ufer

Wir sollen nach schwarz-gelben Mustern Ausschau halten, sagt man uns. Allerdings sollten die schon tierischer Natur sein.

Boot mit Krokodilfarbmuster

Das erste Krokodil, das wir sehen, nimmt sich leider gerade eine Auszeit unter Wasser und lässt sich auch nicht durch die Booten dazu bewegen, aufzutauchen. Und mehr als einen Schatten gibt es auch nicht zu sehen.

Krokodil unter Wasser

Trotzdem versuchen alle wie wild, Fotos zu schießen. Nur blöd, dass das ohne Polarisationsfilter nicht richtig funktioniert. Und auf all den Kompaktkameras ist sicherlich keiner drauf. Nicht einmal auf meiner Spiegelreflexkamera ist einer, er war mir bislang einfach zu teuer.
Und weil alle gerne ein Foto erhaschen möchten, hat der Bootsführer so seine Probleme, alle zur Ordnung zu ermahnen – und dazu, bitte auf der jeweils eigenen Bootsseite zu bleiben, anstatt alle auf eine Seite zu hüpfen und damit das Boot etwas aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Das nächste Krokodil ist dann glücklicherweise über Wasser und macht am Ufer Pause. Unser Bootsführer gibt uns eine kleine Einführung in Sachen individuelle Merkmale bei Krokodilen.

Krokodil am Ufer des Daintree River

Unterscheidungsmerkmal bei Krokodilen: Schwanzmuster

Krokodil am Ufer des Daintree River

Nach der Bootsfahrt steigen wir gegen 13 Uhr wieder in die Busse und fahren zum „Crocodylus VillageGoogle MapsGoogle EarthMultimap.com, einer Ansammlung von Häusern, gebaut aus Holz und starker Plastikfolie, inmitten des Regenwaldes, wo wir zwischen zwei Regenschauern ungefähr eine Stunde später ankommen.
Von den Bussen aus folge ich dem allgemeinen Strom der Austauschschüler zur Rezeption und am sich daran anschließenden Aufenthaltsraum. Wobei Raum in diesem Fall einen Holzbau und eine überdimensionale Zeltplane meint, die sieben große Tische mit Bänken, zwei Couchecken, eine Tischreihe für das Buffet und eine offene Fläche spielend überspannt. All das ist umgeben von dichtem Regenwald, nur durchschnitten von weißen Kieselsteinwegen und den rainforest huts. Davon gibt es laut Karte insgesamt 15 Stück (inklusive des „managers house“) und das Schild an der Straße verkündet, dass „Crocodylus Village“ heute, morgen und übermorgen geschlossen sei – wohl ein Hinweis darauf, dass wir die meisten der Hütten einnehmen.
Darüber hinausgehend gibt es noch einen (doch recht kleinen) Pool, eine Bar (Die Bardame verkündet allerdings bei der allgemeinen Begrüßung, dass sie keinen Alkohol an Minderjährige ausschenken würde, schließlich habe sie selbst Kinder.), die Küche, Toiletten und Duschen sowie einen Wasch- und Trockenraum.
Elektrizität gibt es im „Crocodylus Village“ nicht, zumindest nicht einfach zur allgemeinen Verfügung. Der Strom käme hier nach Angaben der Gruppenleiter nämlich nicht über die Stromleitung, sondern aus dem Generator. Es gibt Licht und Deckenventilatoren in den Zimmern, aber keine Steckdosen. Die gibt es nur an der Rezeption, der freundliche Herr dort ist aber immer gerne bereit, ein Handy oder einen Kameraakku zum Aufladen entgegenzunehmen.
Vom Crocodylus Village sind es ungefähr 3,5 Kilometer in östliche Richtung zum Strand, dem „Cow Bay“, die sich in den ersten und größten und zwei weitere, kleinere Sandstrände unterteilt, die nördlich des ersten liegen. In westlicher Richtung mündet die Straße nach zwei Kilometern in die Hauptstraße. Biegt man links ab, sind es nocheinmal 1,7 Kilometer bis zu der Abzweigung zum „Daintree Discovery Centre“ und weitere zwei bis zu einem Aussichtspunkt. Biegt man hingegen rechts ab, kommt man nach einem Kilometer am „Hutchinsons Creek“ vorbei, in dem man schwimmen kann.

Hutchinsons Creek

Danach sind es dann noch 2,2 Kilometer bis zur Eiskremfabrik.

Katharina freundet sich in den ersten Minuten spontan erst einmal mit der Natur an und platziert – quasi zum Zeichen der Freundschaft und Blutsbrüderschaft – eine kleine, aber ausdrucksstarke Wunde neben ihrem rechten Auge. Die Pflanze, die sich ihr auf Augenhöhe in den Weg stellte, hat sich einfach nicht bewegen lassen, ihr Platz zu machen. Bei den Gruppenleitern hilft man gerne mit etwas Hausmitteln aus der Erste-Hilfe-Tasche.
Als alle ihr Gepäck auf die Zimmer getragen haben, findet sich eine kleine Gruppe von fast ausschließlich Deutschen unter dem großen Zeltdach zum Kartenspielen zusammen. Fast ausschließlich deshalb, weil neben Katharina und Katharina, Franziska, Marvin, Caro, Malte und Basti auch noch Toshi mit uns spielt. Übrigens der selbe Toshi wie der, den ich in Melbourne beim SCCE Barbecue kennenlernen durfte.

Den Nachmittag über werden wir gebeten, uns für die diversen Aktivitäten einzutragen. Besonders beworben wird hierbei das Dschunglesurfing und das Kajakfahren, für die extra bezahlt werden. Inklusive hingegen ist ein begleiteter night walk, eine Entdeckungstour durch die direkte Umgebung. Wir tragen uns für die heutige Tour ein, allerdings für die späteste, weil uns das genügend Zeit zum Abendessen gibt.

Nach dem Essen (ein Nudel-, ein Reis-, ein Fleischgericht, mit Glück bekam man zufällig, worauf man Hunger hatte) sind wir dann pünktlich um halb neun an der Rezeption. Katharina, Franziska und ich. Von den restlichen 21 eingetragenen Teilnehmern ist nichts zu sehen. Das ändert sich auch nach zehn Minuten oder nach einer Viertelstunde nicht. Geduld, Geduld, sagt man uns, die vorherige Gruppe sei ja auch noch gar nicht zurück.
Während wir warten, nähert sich uns ein ein wenig verwirrt wirkender Mann, der auf das Foto eines Opossums an der Wand zeigt und immer wieder „possum“ sagt. Und dann erklärt er uns, wir sollen den Mann, der die Führung macht, so rufen und grinst verschmitzt.
Nach einer guten halben Stunde tauchen dann kurz nach neun Uhr Taschenlampen aus dem Regenwald auf und es haben sich auch einige Teilnehmer an der Rezeption eingefunden. Da hat wohl jemand bei der Programmplanung mal eine halbe Stunde Pufferzeit eingeplant und ist damit auch ganz wunderbar gefahren, es fehlen nicht einmal mehr eine Handvoll Teilnehmer, als wir losgehen. Nur für pünktliche Regenwalderforscher ist es um so ärgerlicher, denn Zeit ist auf dieser Reise das wohl seltenste Gut.
Nachdem alle mit einer Hüfttasche mit einem Akku und einer daran angeschlossenen Taschenlampe ausgestattet sind, kann die Forschungsreise hinter der Rezeption beginnen, wo wir uns durch einigen Wildwuchs hindurch auf einen versteckten Trampelpfad begeben.
Unser Gruppenführer, der übrigens Possum heißt, was die Eskapaden des Mannes zuvor erklärt, zeigt uns entlang des Pfades nicht nur die Tier- und Pflanzenwelt, sondern führt auch vor, wie man sich an einer Liane schwingt – um uns dann aufzufordern, es nachzumachen. Einer der männlichen Teilnehmer entscheidet sich, die Liane hochzuklettern und wird erst nach gut drei Metern aus Zeitgründen gestoppt, andere Teilnehmer haben nicht mehr hinreichende Koordinationsfähigkeiten, um sich an der Liane zu schwingen und landen auf dem Hosenboden.
Dann, nach einer guten halben Stunde Fußmarsch, beginnt es zu nieseln. Nur ein wenig, aber genug, dass ich meinen Pullover aus Franziskas Rucksack nehme und mich einkleide, um meine Kamera darunter schützen zu können. Zwei Minuten später bin ich mir dafür selbst unendlich dankbar, denn es beginnt wie aus Eimern zu schütten.

laut Possum die älteste Pflanze auf der Welt

die Tierwelt im Regenwald

die Tierwelt im Regenwald

ein Easter Egg

die Tierwelt im Regenwald

die Tierwelt im Regenwald

die Tierwelt im Regenwald

die Tierwelt im Regenwald

die Tierwelt im Regenwald

Nach weiteren 40 Minuten lichtet sich der Regenwald für uns. An einer ebenso versteckten Stelle wie der Eingang führt uns unser Weg wieder auf die Straße zurück, auf der wir dann wieder zur Einfahrt des „Crocodylus Village“ zurücklaufen.

Es ist schon elf Uhr und ich entscheide mich, nach einer Dusche ins Bett zu gehen. Auf der offenen Fläche im Aufenthaltszelt ist unterdessen eine wilde Party im Gange. Alkoholfrei, versteht sich. Schließlich wird nach Hause geschickt, wer sich erwischen lässt.

So zumindest die offizielle Version.

Far North Queensland

Sonntag, den 21. Oktober 2007

Auf vielfachen Wunsch und auch weil ich es selbst schade finde, keine Informationen über die Reise von SCCE nach Queensland aus dem letzten Jahr finden zu können, hier einmal eine Übersicht über das, was die diesjährigen Teilnehmer erwartet:

Tag 1: Ankunft in Cairns
Ankunft am Flughafen in Cairns, Transfer zur Unterkunft im Cairns Colonial Club Resort Google MapsGoogle EarthMultimap.com, einer erstaunlich gut ausgestatteten Bleibe:

„The Cairns Colonial Club Resort is set within 11 acres (4.5 hectares) of tropical gardens, with 3 lagoon swimming pools […], and combines the tranquility of a tropical resort with the advantages of a mainstream hotel, and is one of the most popular resorts in Tropical North Queensland.“

Tag 2: Weiterreise nach Crocodylus über den Daintree River
Um neun Uhr morgens geht es los ab Hotel mit dem Bus zum Daintree River, wo wir um halb zwölf auf eine Fahrt auf dem Fluss aufbrechen. Auf, nicht in, das könnte nämlich gefährlich werden:

„There have been numerous reports of deaths in the Daintree River from crocodile attacks, so it is important not to step close to the riverbank and absolutely never swim in the river.“

Für ungefähr zwei Uhr ist die Ankunft am „Crocodylus VillageGoogle MapsGoogle EarthMultimap.com geplant, wo wir die kommende Nacht verbringen werden. SCCE warnt uns vor Nasenbeutlern, die wohl unerzogenerweise gerne bei den Touristen um Essen betteln und mit ihrem rattenähnlichen Aussehen bestimmt eine willkommene Abwechslung für die weiblichen Teilnehmer sind. Apropos Essen, heute wird zu Hause gekocht (soweit man ein hüttenähnliches Gebilde im Regenwald Zuhause nennen kann).

Tag 3: zur freien Verfügung
Der dritte Tag steht zur freien Verfügung und lädt ein das Leben im Regenwald zu beobachten und viele schöne Fotos zu machen.
Der Abend hingegen ist verplant und sieht eine begleitete Nachtwanderung vor, die uns Touristen einige heimische Arten des Regenwaldes näherbringen soll.

Tag 4: zur freien Verfügung
Irgendwie hatte da jemand eine kleine Schlappe beim Aktivitätenfinden. Das Programm schlägt vor, am Strand zu entspannen oder die Flora und Faune der Region zu fotografieren. Und dann noch, Reiten, Kanu- und Kajakfahren auszuprobieren.

Tag 5: Rückreise nach Cairns mit Halt in Port Douglas
Nach einem Frühstück in aller Frühe geht es zurück nach Cairns mit einem Zwischenstopp in Port Douglas Google MapsGoogle EarthMultimap.com, ein angeblich weltbekanntes Resort. Gehört habe ich davon noch nie und auch Wikipedia beschreibt Port Douglas als „sehr kleine Stadt mit rund 2.500 Einwohnern“, die hauptsächlich vom Tourismus lebe. Ach ja, für alle, die es interessiert: Der „Crocodile Hunter“ ist letztes Jahr genau dort gestorben.
Und in Cairns scheint es dann ein wenig Ausgang zu geben, das Programm schlägt vor, doch eine Kunstgalerie oder -ausstellung zu besuchen oder die Marlin Marina, oder „Trinity Wharf„, wo die Kreuzfahrtschiffe anlegen. Und dann gibt es noch Attraktionen mit Namen wie „Freshwater Connection„, die scheinbar solche Geheimtipps sind, dass sie keine Homepages besitzen und ich Schwierigkeiten habe, überhaupt aussagekräftige Links bei Google zu finden, oder ein wetland, das gar keinen Namen trägt, aber zum Vogelbeobachten sehr gut geeignet sein soll. Oder die botanischen Gärten, die 200 verschiedene Palmen beheimaten sollen. Auf 38 Hektar sollte das machbar sein.

Tag 6: Kuranda Rail
Heute gehts hoch hinaus: Morgens los und dann, so verspricht es das Programm, gibt es einen Tag voller Reisen, Kultur der Aborigines und unglaublichen Aussichten. Mit dem Zug durch den Regenwald und mit der Seilbahn die Berge rauf und runter (laut Wikipedia dauert eine einfache Strecke ungefähr 1,5 Stunden) und zwischendurch verweilen wir ein wenig in Kuranda Google MapsGoogle EarthMultimap.com, einer wiederum sehr kleinen Touristenstadt auf dem Gipfel eines Berges.
Das Programm erwähnt noch den „Tjapukai Cultural Park„, lässt aber offen, ob das mehr als freiwillige Aktivität oder als Inklusivangebot zu begreifen ist.
Abends geht es wieder ins „Resort“, offen bleibt aber auch hier etwas, nämlich, ob es das selbe ist wie zu Beginn der Reise.

Tag 7: Great Barrier Reef
Die Pläne für heute sehen einen ganztägigen Ausflug über das Great Barrier Reef vor, inklusive Ankern an einem Ponton, was mir ein bisschen komisch vorkommt, da man normalerweise entweder ankert oder an einem Ponton festmacht – aber beides?
So oder so wird ein Meeresbiologe dabeisein, der für Fragen und Erklärungen zur Verfügung steht. Schnorchel und Taucherbrillen sind auch im Angebot, um die Unterwasserwelt zu erkunden. Wenngleich auch nicht so richtig, sondern nur so ein bisschen.

Tag 8: Abfahrt aus Cairns
Der achte Tag ist eigentlich kein richtiger Tag mehr, sondern besteht nur aus einem Frühstück und dem Transfer zum Flughafen, von wo aus es dann wieder nach Hause geht.

Wer sich alle Links angesehen hat und immer noch nicht genug hat, der sei auf die Seite der Tourismuszentrale für North Queensland hingewiesen. Und auf meinen Newsletter, der ab Ende November acht Berichte aus Queensland beschert und zum Stöbern in unzähligen Fotos einlädt.

Wasting lifetime

Samstag, den 6. Oktober 2007

Irgendwie fühle ich mich komisch. Komisch? Ja, komisch.

Ich sitze viel am Computer, das ist richtig. Und das ist für mich ja eigentlich auch ganz normal so und keinesfalls ein Zeichen von Heimweh. Mag daran liegen, dass ich da auch Geld mit verdiene und mein Leben lang mich mit Technik umgeben habe.

Meinen Gasteltern ist das zu viel. Sagen tun sie das aber nicht, sondern sie schieben Argumente vor: Das sei ungesund ist ein ganz beliebtes. Und das mache den Rücken kaputt auch.

Ich solle doch mal rausgehen, meinen sie dann. Wohl wahr. Ich bin gerne draußen, zu Hause fahre ich oft einfach so zu den Pferden und mache Fotos. Oder ich schnappe mir meinen Labrador und fahre mit ihm durch die Felder. Oder ich fahre allein, nachts um halb eins, noch eine Runde – musikhörend und dann einen Cheeseburger bei Burger King kaufend.
Hier ist das anders. Mit Fahrradfahren ist es hier nicht weit her, schließlich habe ich kein eigenes Fahrrad und weit weg kann ich auch nicht. Berenice hat sich schließlich schon bei Charlotte erkundigt, ob ich denn nun die fünf Kilometer zu meiner Praktikumsstelle alleine zurücklegen dürfte oder ob das schon als „alleiniges Reisen“ gelte. Das sei ja auch ziemlich gefährlich, mit dem Fahrrad auf der Hauptstraße und so weiter.

Zuerst habe ich mir dann deshalb von Zeit zu Zeit einfach meine Kamera geschnappt und bin zu Fuß losgelaufen. Aber so langsam verliert das seinen Reiz. Und vor allem ist der Bewegungsradius dadurch auch recht eingeschränkt.

Und das alles wäre ja nicht so schlimm, wenn Jerren mich nicht jeden Tag fragen würde, was ich denn am jeweiligen Tag erreicht hätte oder ob ich wieder einen Tag verschwendet hätte. Das ruft – auf Dauer gesehen – ein ungutes Gefühl hervor. Denn es ist nicht so, dass ich meine Lebenszeit verschwenden würde, aber ich habe Ferien und meine Interessen liegen halt nun einmal nicht bei alten und neuen Autos oder Dampfmaschinenausstellungen. Deshalb verschwende ich noch lange nicht mein Leben.

Meine anderen Hobbies zu Hause lassen sich nicht einfach auf mein neues australisches Leben übertragen. Ich hatte nicht vor, hier Schülersprecher zu werden. Ebenso wenig ist hier ein Reitstall oder eine Pferdekoppel um die Ecke. Von einer freiwilligen Feuerwehr habe ich auch noch nichts gehört. Einen Hund haben wir nicht – und das Kaninchen werde ich bestimmt nicht spazierenführen.

Vielleicht beruhigt sich das wieder ein wenig, wenn die Schule angefangen hat. Oder vielmehr hoffentlich. Ich bin nämlich ein wenig um meinen Wohlfühlfaktor besorgt.

Komisch halt.


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