Traumwelt

Dienstag, den 6. November 2007

Ein kleines Update in Sachen Gastfamiliensuche: Nichts Neues.

Dafür habe ich kürzlich geträumt, ich würde ein Reihenhaus entlanglaufen, in dem Gastfamilien wohnen, die ich mit Charlotte besucht habe, und daran erinnern, dass ich noch immer auf der Suche bin. Und eine der Familien, die mit dem Feuerwehrmann, kennt jemanden, der mich aufnehmen kann.

Aber das war nur ein Traum, die Realität sieht anders aus: Die Reise nach Queensland rückt immer näher und ich habe noch immer keine Gastfamilie. Von Charlotte habe ich in dieser Beziehung auch noch nichts Neues gehört und STEP IN in Deutschland rudert auch ein wenig hilflos mit den Armen und bittet um Zeit. Kein Wunder, wenn SCCE keine Familie hat, dann kann STEP IN auch keine aus dem Hut zaubern.

Auch das Schuljahresende nähert sich mit immer größeren Schritten. Und damit die letzte Möglichkeit, noch einmal im student bulletin darauf aufmerksam zu machen, dass ich auf der Suche nach einem Zuhause bin. Aber es steht auf meiner Liste für Mittwoch, quasi als letzten verzweifelten Versuch.

Und eigentlich, ja eigentlich, wird SCCE dafür bezahlt, mir eine Familie zu finden. Wie gesagt, eigentlich.

Oh sorry! *hmpf*

Mittwoch, den 18. Juli 2007

Halb sechs. Ich bin wach und genieße die einzigen Stunden am Tag, in denen ich mir relativ sicher sein kann, dass mich niemand in meiner Ruhe stört. Dann, um elf Minuten nach sechs das allmorgendliche Tuten. Ich habe keine Ahnung, woher es kommt, aber es ist jeden Tag da um die selbe Zeit und nach so ungefähr zehn Sekunden hört es abrupt wieder auf.

Um kurz nach acht stolpere ich mehr oder weniger in die Küche. Als Jill fragt, wie es mir ginge (nicht, dass sie wirklich fragen würde, nur das übliche „How are you doin‘?“), antworte ich mit dem sonst für Stuart typischen „not bad“ und überlege im gleichen Moment, dass das eigentlich nicht so wirklich wahr ist.
Kurz darauf kommt Stuart hinein und beginnt zu frühstücken. Er zweifelt wieder an, dass ich morgen zur Schule rechtzeitig auf sein würde. Dann sagt er: „It’s warm outside, isn’t it? Oh, sorry – you may probably not know! Probably“. Irgendwann, irgendwann…

Jill fragt mich, ob ich heute Nacht im Schlaf gesprochen habe und mir fällt einer meiner Träume wieder ein. Sie sind allesamt schlecht gewesen, wie alle, seit ich hier bin.
Während eines Traumes bin ich aufgewacht und weiß noch, dass ich gegen die Wand geschlagen habe; die Storyline eines anderen bestand daraus, dass jemand mit einem Auto gegen so einen großen, runden Bierwagen gefahren ist, wie es sie auf größeren Sportveranstaltungen gibt.
Aber sie sind nicht interessiert, zu erfahren, was ich geträumt habe. Es war eben halt nur das übliche „How are you doin‘?“ heute morgen, genau so wie sie es fragen, wenn sie eine Nummer aus einer Werbeanzeigen anrufen und sich nach Preisen erkundigen. Nicht das „Wie geht es dir, mein Sohn?“.

Als er mit dem Essen fertig ist, sieht Stuart stillschweigend eine CSI-Folge. Ich mache die Milch alle (schon fast unglaublich bei 2-Liter-Packungen und 160 Kühen, die zwei Mal am Tag gemolken werden) und frage ihn, ob noch welche im Kühlschrank bei der Melkmaschine ist. Nein, da sei keine mehr, sagt er. Im Moment würde alles passen, meine ich. Das müsse es auch, entgegnet Stuart, er würde nämlich nicht aufstehen, um neue zu holen.
Später setze ich mich zu ihm und gucke die CSI-Folge bis zum Ende, obwohl ich sie schon kenne. Es ist interessant, die Schauspieler mit ihrer eigenen Stimme anstelle der Synchronstimme sprechen zu hören.
Als er wieder rausgeht, räume ich einiges Geschirr in die Schränke. Eine der Aufgaben, die ich gerne erledige: Es ist wärmer als draußen und ich laufe Stuart mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht über den Weg.

Heute benutze ich zum ersten Mal für längere Zeit dem Wärmestrahler im Badezimmer, denn obwohl es ein wenig wärmer geworden ist, ist es immer noch bitterkalt dort drinnen. Nicht zum ersten Mal habe ich heute wieder die Wahl zwischen Verbrühungen und Erfrierungen und ich kann mich genau so wenig für eines der beiden entscheiden wie die Dusche. Und dann fällt mir wieder auf, dass ich anscheinend der einzige in diesem Haushalt bin, der sich darum sorgt, dass es noch andere Leute geben könnte, die die Dusche benutzen, und etwaige Haare zumindest in den Ausguss spült.
Trotz der Wärme, die der Strahler verbreitet, sind meine Hände und Füße eiskalt. Ich glaube, ich werde keine Heizung mehr brauchen, wenn ich nach Deutschland zurückkomme.

Im Radio höre ich wieder P!nk und kann zumindest ein wenig entspannen. Stuart ist draußen und füttert irgendwelche Kühe auf irgendwelchen Weiden, mir ist das herzlich egal. Ich hole nur kurz Holz und entschwinde dann wieder nach drinnen. Wir haben übrigens, anders als ich es Samira gestern erzählte, doch so eine Art motorbike, glaube ich. In Deutschland würde ich es wohl Quad nennen. Stuart fährt mit solch einem Gefährt und einem Trailer voll mit Futter zu den Kühen.
Ich blättere ein wenig durch die Broschüren von STEP IN und lächle ein wenig verbittert über Passagen wie „Deine Gastfamilie möchte Dich als richtiges Familienmitglied in ihr Leben eingliedern, also Erfahrungen und Spaß mit Dir teilen“ oder „Ein Hauptgrund dafür, Dich als zusätzliches Familienmitglied aufzunehmen, liegt sicherlich im Interesse an der deutschen Kultur“.

Dann widme ich mich zum bereits zweiten Mal in nicht einmal einer Woche in meinem Zimmer dem Staubsaugen. Creepy.
Als ich fertig damit bin und gerade eine leere Milchpackung in die Recyclingtonne bringe, kommt Stuart mit (s)einem der Hunde herein (den anderen hat Jill stets mit) und setzt sich wieder vor den Fernseher.

Hund

Während meine Hände wieder kälter werden, gehe ich wieder in mein Zimmer und beginne zum ersten Mal, meine Zeit richtig zu verschwenden. Ich spiele Tomb Raider – nicht, weil es mir besonders viel Spaß machen würde, sondern weil ich nichts anderes zu tun weiß. Und weil es mir nicht besonders viel Spaß macht, höre ich nach zehn Minuten wieder damit auf.
Ich setze mich zu Stuart vor den Fernseher, der Film, den er guckt, ist so eine Art Horrorfilm. Zwei Frauen fahren eine Leiche durch die Gegend. Stuart macht sich etwas zu essen.
Als er aufgegessen hat und heißes Wasser in das Spülbecken einlässt, um sich dann wieder dem Fernseher zu widmen, mache auch ich mir etwas zu essen. Vier Toasts, zwei mit Butter, eines mit dünnem Schinken, eines mit Käse. Dazu ein Glas Honigmilch und eines mit „Sipahh“, Geschmacksrichtung Kakao, für mich hier gelassen von Jills Schwester.

Und jetzt habe ich einen Geistesblitz: Auf meiner externen Festplatte tummeln sich noch einige Mitschnitte aus dem deutschen Fernsehen, darunter Sonnenallee, Dirty Dancing, Nur ein kleines bisschen schwanger und 30 über Nacht. Ich entscheide mich für Sonnenallee und genieße eineinhalb Stunden deutsches Fernsehvergnügen so ganz für mich allein. In Gesellschaft wäre es sicherlich vergnüglicher, aber mit der ist es hier ja nicht sonderlich weit her.

Danach mache ich mir so meine Gedanken und während ich das tue, staubsauge ich die Küche, das Wohnzimmer, das Schlafzimmer, das andere Gästezimmer, den Raum neben der Küche, den Flur und das Büro. Und nachdem ich vor einigen Jahren mal in einem spektakulären Selbstexperiment den durchschnittlichen Staubniederschlag pro Jahr festgestellt habe, kann ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass dort vor dem Schreibtisch seit ungefähr eineinhalb bis zwei Jahren nicht mehr gesaugt worden sein muss.
Jill und Stuart sind noch immer draußen, aber ich glaube, ich habe nun erst einmal genug getan. Das Geschirr hat auch schon wieder in den Schrank zurückgefunden und Holz ist auch noch da. Ich genieße einige Stücke deutsche Musik. Es wird später und später, morgen wird mein erster Tag in der Schule sein.

Als Jill später dann hereinkommt, bittet sie mich, noch mehr Holz zu holen. Ich bin etwas verwundert, der Wagen ist fast voll. Aber nun gut, bitte. Und ich solle noch einmal zu den Hühnern gucken, aber die sind mit schon fast deutscher Ordnungsliebe weggesperrt.
Ich vergleiche mich mit anderen Austauschschülern, deren Gasteltern im Büro arbeiten. Die würden sie nicht mitnehmen zur Arbeit. Von mir hingegen wird ganz selbstverständlich erwartet, dass ich auf dem Hof mithelfe. Und zusätzlich natürlich noch im Haus. Das ist schon kurios und – irgendwie auch ungerecht.
Wobei, die letzten zwei Tage bin ich ein wenig dabei, auszutesten, ob ich mithelfen muss. Ich schätze nur, sie werden es für eine gewisse Zeit tolerieren und dann meckern. Mal sehen, wie das wird, wenn morgen die Schule beginnt.

Zum Abendessen gibt es Bohnen mit Toast. Stuart fragt mich, wie viele Scheiben Toast ich haben möchte. Eine oder zwei, antworte ich. Eine oder zwei, fährt er mich an, ich solle mich entscheiden. Das gefälligst lässt er weg, aber es hätte gepasst. Hilfe! Ich entscheide mich für eine.

Das Essen soll das – wie Stuart sagt eines der – Lieblingsessen von der Austauschschülerin aus Bremen gewesen sein und ich denke, es könnte auch meines werden. Aber ich habe nicht sehr viel Hunger.

Danach wieder das übliche Big Brother-Gucken und darauf eine Polizeiserie. Interessant, dass man in Australien anscheinend der Meinung ist, dass das Laufen über ein Footballspielfeld (bekleidet wohlgemerkt) genau so schwer wiegt wie der Besitz von Drogen auf der Toilette des Stadions: Beide Täter werden zu fünfhundert Dollar Strafe verurteilt.

Dass ich früh zu Bett gehe, muss ich nicht erwähnen, oder? Und das, obwohl heute Dr. House kommt und ich die Folge noch nicht kenne.

Foods, Business Management, Information Technologies, …

Dienstag, den 17. Juli 2007

Heute weiß ich, was ich noch mehr tun kann, als um acht Uhr am Frühstückstisch zu erscheinen: Noch vor halb acht binnen einer Minute aus dem Bett springen und mich anzuziehen, um für Stuart draußen den Kopf einer Kuh hochzuhalten. Vielleicht lasse ich das zur Abwechslung einfach mal so stehen.

Heute morgen, als ich um halb sechs aufgewacht bin, ist mir zum wiederholten Male aufgefallen, dass ich hier in Australien mich morgens an meine Träume erinnere. Ich bin mir nicht so sicher, ob ich das wirklich möchte. Ich habe mich daran gewöhnt, es nicht zu tun und bin eigentlich ganz gut damit klargekommen.

Ich glaube, so langsam wird mir auch klar, warum die beiden auf der Gastfamilien-Bewerbung bei „What household duties would you expect of your exchange student?“ nur „Tide own room. Feed small animals & chooks. Tide up after yourself.“ angegeben haben. Zusätzlich noch „Get wood. Vacuum the floor. Feed big animals. Drag calves. Get the dishes back to the cupboard. Watch the fire.“ hätte einfach nicht in das Feld gepasst.

Mit ein paar Minuten Verspätung holt mich Kim um zwanzig vor zehn von der Farm ab, um mit Samira und mir zur Schule zu fahren, damit wir dort unsere Fächer wählen können.
Auf dem Weg dorthin fällt mir auf, dass auch hier in Australien gewisse Wörter in Liedern mit Pieptönen versehen werden, ganz so, wie man es aus Amerika kennt. Schon eine interessante Sache, Greenday mit American Idiot so zu hören. Ich glaube, das ist das erste Mal, das mit bewusst geworden ist, wie oft ein gewisses Wort in dem Lied enthalten ist.
Ebenso interessant ist die Tatsache, dass es hier in Australien anscheinend an der Tagesordnung ist, kaputte Frontscheiben zu haben. Car-Glas hätte hier mit deren Spezial-Kitt wohl nichts zu holen, von den vier australischen Autos, die ich bis jetzt kenne, hatten zwei einen Sprung in der Frontscheibe. Keinen kleinen, sondern zehn Zentimeter oder mehr.
Und dann passiert etwas, was in meiner Familie ein bisschen kurz kommt: Kim fragt Samira danach, wie sie sich fühlt. Es ist nicht so, dass ich es übertrieben stark vermissen würde. Nur wenn es total fehlt, merkt man es schon. „How are you doin‘?“ ist eben nicht das selbe wie ein „Wie geht es dir?“.

Die Fächerwahl selbst gestaltete sich relativ relaxed, ich habe meine sechs Fächer einfach finden können: Information Technologies, Foods (wird aber eventuell durch Spanisch ersetzt), English, Mathmatics, Business Management, Physics. Was ich mit meiner geisteswissenschaftlichen Verpflichtung mache, ist mir noch nicht so ganz klar. Ich werde gleich einmal in der Schule in Deutschland anrufen und das abklären.
Es gibt einige interessante Unterschiede zu den deutschen Schulen, beispielsweise sind Handys generell verboten. Es sei allerdings an der Tagesordnung, dass trotzdem viele Schüler welche mitbrächten. Fühlt sich ein wenig an, als sei man in Bayern. Ipods oder andere MP3-Player hingegen seien erlaubt und, solange der Lehrer nichts dagegen habe und man sich nicht im Frontalunterricht befinde, ausdrücklich geduldet.
Außerdem bekommt jeder von uns den sogenannten student planners – eine Art Kalender, von der Schule eigens für ihre Schüler gedruckt, der die Schulregeln und einen ganzen Haufen anderen Krams enthält.

Die Schule verfügt über einen Haufen von Flügeln für die verschiedenen Fachgebiete, so dass wir heute mehrfach durch den Regen laufen müssen, um alle zu sehen. Außer Samira und mir ist noch eine italienische Austauschschülerin dabei. Die verschiedenen Flügel sind mit Buchstaben bezeichnet, so beispielsweise A für arts, S für science oder T für technologic, darüberhinaus aber auch noch C, G, M für Flügel oder einzelne Räume – und bestimmt noch einige weitere. In nahezu allen Flügeln befinden sich Computerarbeitsplätze und jeder Schüler bekommt seinen eigenen Login.
Die Schließfächer für die Schüler befinden sich im Außenbereich und dort verbleibt auch der Schulranzen, man nimmt immer nur das mit rein, was man für die nächsten zwei Stunden benötigt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Für das eigene Schließfach sollte sich jeder Schüler ein Schloss besorgen.

Nach der kleinen Schultour und dem wahrscheinlich letzten freundlichen chat mit der Schulleiterin (wer weiß schon, zu welchen Anlässen man einander wiedersieht) begeben wir uns wieder zum Eingang, wo Kim auf uns wartet.
Wir fahren noch beim örtlichen Golf- und Bowlingclub vorbei und essen zu Mittag. Es regnet und ich gönne mir ein Schnitzel mit Salat. Zum ersten Mal in Australien schmeckt mir das Essen wieder wirklich. Es ist gutes Essen, ein wenig deutsch – und vor allem nehme ich mein Mahl in guter Gesellschaft ein.
Während des Essens erfahre ich, dass meine Nachbarn so um die sieben Computer haben, drei oder vier Fernseher – davon einen als Beamer-Ausführung -, eine X-Box, natürlich dementsprechend Internet und dass sie mit Samira schon über ICQ gechattet haben, bevor sie kam. Dann sprechen wir über meine Gastfamilie. Samiras Gastmutter merkt an, dass Stuart in einer schlechten Stimmung gewesen sein muss, als sie mich abgeholt hat. Ich denke nur: „Schlechte Stimmung? Er war wie immer“. Die beiden beschreiben Samira meine Gasteltern in gewohnter british understatement Marnier der Australier mit „different“. Sie hätten selbst keine Kinder, würden keinen Urlaub machen und überhaupt nicht herumkommen. Es ist wirklich hilfreich, eine Einschätzung von außen zu haben und ich muss doch sagen, sie bestärkt mich ein wenig in meinen Ansichten.
Als wir im Begriff sind zu gehen, frage ich Kim „What do you get for that food?“ und sie guckt mich nur verständnislos an. Ich frage erneut, sie braucht einen Moment, dann antwortet sie: „It’s ok“.
Im Auto, während Samira und ich auf Kim warten, die für zwei Minuten in ein Haus gegangen ist, wechseln wir einige deutsche Worte. Ich erfahre, dass sie sehr zufrieden mit ihrer Gastfamilie ist. Sie kann ihre Gastgeschwister mit einem der motorbikes der Familie von der Bushaltestelle abholen und vor allem bekommt sie jeden Morgen und Abend einen Kuss und eine Umarmung. Ich glaube, nein, ich weiß, dass das das erste Mal ist, dass ich seit der Begrüßung durch Jill am Flughafen dieses Wort schreibe und ich glaube, das ist schon ein wenig bezeichnend.
Kim fragt, ob ich noch bei Jill vorbeischauen müsse und ich verneine. Dabei fällt mir auf, dass wir Deutschen dazu tendieren, „yet?“ zu fragen anstelle von „now?“ und zwar, wie Samira Kim ganz einleuchtend erklärt, weil wir das deutsche Wort „jetzt“ haben. Mir fällt ein, dass ihr zuvor das gleiche mit dem Wort „smell“ anstelle „taste“ für „schmecken“ passiert ist.

Zurück auf der Farm (ich war gerade dabei, ‚zu Hause‘ zu schreiben, als ich mich umentschieden habe), es regnet immer noch, bietet Kim mir an, ich könne gerne einmal herüberkommen, wenn ich von zwei kleinen Kindern gepiesackt werden wollen würde. Und ich glaube, sie hat mir angesehen, dass ich das nur zu gerne würde.

Der Regen hört bald auf, aber ich bleibe drinnen. Mir ist heute wirklich nicht nach Kälber füttern zumute. Als Jill nach Hause kommt, gibt sie mir die Toastverpackung, die seit Tagen in der Küche steht und mit Abfällen gefüllt wird, und bittet mich, damit die Hühner zu füttern.

Hühner

Und sie bittet mich, die Pferde auf den gegenüberliegenden Paddock umzustellen. Das kleinere, helle Pferd heißt übrigens „Chester“, das andere „Firework“.

Chester

Firework

Chester

Und wo ich schon einmal draußen bin, bringe ich auch gleich das Papier, das in der Eile heute morgen seinen Platz in einem meiner Gummistiefel gefunden hat, in die Tonne.

Die Nachfrage bei der Schule in Deutschland ergibt unterdessen, dass ich meine Verpflichtung, ein geisteswissenschaftliches Fach zu belegen, mit ein wenig gutem Willen der Schule hier leicht erfüllen kann: Ich werde einfach darum bitten, Business Management im Zeugnis als Economics and Politics oder so ähnlich eintragen zu lassen. Politik soll mein drittes Prüfungsfach werden und inhaltlich ist das wohl so ziemlich auf einem Level – ob ich jetzt die Lehre darüber, wie man einen kleinen Betrieb führt, Business Management oder Volkswirtschaftslehre nenne, erscheint mir nicht wirklich relevant.

Als die beiden mitdem Melken nachezu fertig sind, hole ich noch ein wenig Holz. Jill sagt, es würde eine kalte Nacht werden und ich habe es dann doch ganz gern ein wenig warm. Der Wetterbericht sagt, heute morgen sei in Sydney der kälteste Morgen seit 21 Jahren gewesen. Und ungefähr so habe ich mich in den letzten Tagen auch gefühlt.
Auf dem Weg, Holz zu holen, entdeckt Jill die Toastverpackung von vorhin; ich hatte sie am Zaun festgeklemmt, um die Hände für die Pferde freizuhaben. Blöde Sache, das.

Beim Studium des student planners stoße ich auf diverse Seiten mit Gesundheitsempfehlungen. Sogar eine der Schulregeln besagt, dass im Sommer in den Pausen und bei allen anderen Aktivitäten, die draußen stattfinden, eine Kopfbedeckung getragen werden muss – verpflichtend. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass Schule in Australien mehr erziehen soll als in Deutschland.

In der Fernsehwerbung fällt mir heute ein interessanter Spot auf: Eine Sterbeversicherung wird angepriesen, ein sehr authentisch wirkender Herr fortgeschrittenen Alters macht auf die Vorteile aufmerksam. Irritierend fand ich nur den Hinweis auf die 30-Tage-Geld-zurück-Garantie.

Abends wieder Big Brother und ich gehe ins Bett. In Gedanken an den Tag und an alle, die noch kommen mögen.


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