einer geht noch, einer geht noch rein
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Als ich zwei Minuten vorm Weckerklingeln aufwache, bin ich zum ersten Mal morgens richtig müde. Es ist zehn Uhr und außer mir sind schon alle wach.
Ich mache nichts halbes und nichts ganzes, esse ein wenig Frühstück, sitze ein wenig am Computer, bis mich Charlotte um viertel vor zwölf mitnimmt und bei Jerren absetzt. Die größte Tochter ist wie erwartet in Melbourne, die anderen beiden sind da. Jerren und seine Frau räumen im Shack einen Tisch frei, um Platz für meinen Laptop zu schaffen. Dann kriege ich ein Patchkabel in die Hand gedrückt und eine Steckdose und es kann losgehen. Endlich wieder richtiges Internet… Ich gucke mich weiter bei eBay nach einem Handy um.
Beim Aufräumen findet Jerren auch Informationsmaterial über die „Foundation License“, die niedrigste Amateurfunkgenehmigung hier in Australien, die nur mit industriellen Geräten arbeiten darf und auf 10 Watt EIRP und wenige Bänder beschränkt ist.
Dann fahren wir noch einmal ins Geschäft, weil die Arbeiten an dem Schaufenster noch immer andauern. Es wird ein wenig langweilig und ich vertreibe mir meine Langeweile am PDA. Irgendwann kommt Jerrens Frau vorbei – mit der jüngsten Tochter im Schlepptau. Sie nehmen mich mit und auf dem Rückweg legen wir noch einen halbstündigen Spaziergang um den See Sheppartons ein. Man sieht im deutlich an, dass sich Australien seit längerem in einer eher trockenen Periode befindet. Auch das Schwimmbad mit beheiztem Außenbecken ist wie ausgetrocknet. Dann fahren wir noch Einkaufen und ich muss mich mit Händen und Füßen dagegen wehren, Süßigkeiten geschenkt zu bekommen. Ich kenne jetzt wieder ein Stück mehr von Shepparton und gleichzeitig auch noch ein paar mehr Schulen, inklusive Notre Dame, der Schule direkt neben dem Haus von Jerren.
Zurück setze ich mich wieder an meinen Laptop, fünf Minuten später kommt auch Jerren an. Und bald gibt es Abendessen: Kürbis (grauenvoll, dass die Australier das so oft essen), Kartoffel, Fleisch (das etwas zäh ist und ein Experiment darstellt, wofür sich Jerrens Frau wiederholt entschuldigt) sowie sehr lecker schmeckendes Sauerkraut. Ein doch noch irgendwie europäisch gebliebenes Essen.
Und dann drängen die Töchter darauf, dass ich Vegemite probiere. Meine Gastmutter reicht mir einen Teelöffel voll (wäre es Zucker, würde ich von ‚gehäuft‘ sprechen), ich zwinge sie aber durch einen Blick dazu, daraus einen gestrichenen Teelöffel zu machen. Und lecke dann einmal daran. Was soll ich sagen – salzig und komisch, aber halt australisch. Und es gibt Tee. Leckeren Tee.
Dann gibts die Lokalrunde auf dem Amateurfunkrelais, ein Rundspruch wird verlesen und ich nehme an der anschließenden Danksagungsrunde teil als second operator. Zwischendurch gibt es noch Stollen und ein Glas Milch. Und ein bisschen Chat im Skype gibt es auch. Und in ICQ, auch wenn der Chat nach Deutschland aufgrund der Zeitverschiebung etwas verkompliziert wird.
Um viertel nach neun schickt mir Charlotte eine SMS: „Do u need me to come get u, chris“ – ich verneine. Um halb elf werde ich dann wieder von Fräulein Fahranfängerin nach Hause gefahren. Charlotte scheint schon zu Bett gegangen zu sein, es ist dunkel im Haus. Heute war ein schöner Tag, definitiv.