Vor einem Jahr VII

Mittwoch, den 31. Dezember 2008

Vor einem Jahr meldete ich „feuerfrei statt ‚Feuer frei!‘“ und ich bin mir nicht so sicher, wie viele wirklich verstanden haben, dass es im vergangenen Jahr für mich keine einzige Rakete am Nachthimmel gab. Dieses Jahr wird das wohl anders werden. Aber in Australien war es ganz normal.

In Canberra ist Feuerwerk legal, im Northern Territory scheint es im Begriff zu sein, illegal zu werden und in Canberra darf man es wohl frei verkaufen und – an fünf Tagen im Jahr – benutzen. Aber so ganz genau kann ich das nicht sagen, dafür fehlen mir ein paar verlässliche Quellen.

Einige Australier versuchen übrigens, ihren Unmut über das Verbot zum Ausdruck zu bringen, indem sie eine Petition ins Internet gestellt haben, in der sie die Legalisierung von Feuerwerk für Jedermann fordern. Die Tierschützer von RSPCA haben unterdessen auf die Gefahren aufmerksam gemacht, die von Feuerwerk im Zusammenhang mit Tieren ausgehen.

Artikel aus der Nordsee-Zeitung vom 30.12.08
(Klick für Großansicht*)

Neujahr in Australien – mit Alkoholverbot an den meisten öffentlichen Plätzen – ist nun schon einige Stunden her und hier wird es noch ein paar mehr Stunden dauern, bis es soweit ist. Ich muss gestehen, ich bin in ungefähr so viel Silvesterstimmung wie im vergangenen Jahr. Und da bin ich – psst, nicht weitersagen – um viertel vor zwölf ins Bett gegangen. Ich hatte einfach keine Lust mehr, noch länger aufzubleiben. Aber dafür hatte ich so um die vierzig Grad – eine Erfahrung, die man an Silvester sicher einmal machen sollte.

Ich bin sehr gespannt, wie es dieses Jahr wird. Noch eine knappe Stunde, dann werden wir Raclette essen. Und noch fünf Stunden, bis es dann Mitternacht ist und hier alles in die Luft geht. Na ja, hoffentlich nicht alles.
Allen meinen Lesern wünsche ich an dieser Stelle schon einmal einen guten Rutsch in das neue Jahr … bis bald an gewohnter Stelle!

*) Der aufmerksame Leser sei beruhigt, natürlich weiß ich, dass boxing day nicht der erste Weihnachtsfeiertag ist – wenngleich es natürlich für die Australier der „Tag nach der Bescherung“ ist und wenngleich er dann beginnt, wenn man in Deutschland gerade am 1. Weihnachtsfeiertag zu Mittag isst. Und ganz nebenbei hat 1952, 1988 und 1994 das Boxing Day Test match schon am 25. Dezember, dem Christmas Day, begonnen.

The Ghan (Teil 2)

Sonntag, den 7. Dezember 2008

Die eigentliche Reise im Ghan ist vor allem erst einmal eines: Aufregend. (Ich habe mich übrigens bewusst diesen Wortes … bedient.)

Bis sich der Zug in Bewegung setzt, dauert es noch ein klein wenig. Eine willkommene Gelegenheit, sich ein wenig häuslich einzurichten. Das ist auch mehr als ratsam in Anbetracht des kommenden Tages, dem wir gespannt entgegensehen. Und während dessen niemand den Zug verlassen wird.

Die erwähnenswerteste Sache im ganzen Abteil ist aber wohl doch die Klimaanlage. Die letzten Tage sind vor allem durch ihre hohen Temperaturen aufgefallen (sie waren der Hochpunkt einer Hitzewelle von über einer Woche Dauer, während derer die Stadt keine Möglichkeit hatte, sich wieder abzukühlen). Jetzt aber verbreitet sich eine angenehme Frische, nachdem die Türen geschlossen sind.

Das Abteil ist vollgestopft mit Sitzplätzen. Wer schonmal mit einer Fokker 50 oder einem Bombardier von Canadair geflogen ist, stelle sich eine Kreuzung aus dieser Maschine und einem Großraumabteil der Deutschen Bahn vor. Farblich sind die Sitze abgestimmt auf das zu erwartende rote Outback.
Neben den obligatorischen Toiletten gibt es vor allem auch die Möglichkeit zu duschen. Das ist eine interessante Erfahrung, ungefähr vergleichbar mit einer Dusche an Bord eines Schiffes. Ob sie deshalb so klein ist, damit man sich an den Wänden abstützen kann, werde ich wohl nie erfahren. Vor allem aber hat sie eine Steckdose in dem Bereich, der – vom Duschvorhang geschützt – eigentlich trocken bleiben soll. Geradezu prädestiniert dafür, mal eben duschen zu gehen, wenn der Kameraakku aussetzt, nicht?

Im nächsten Waggon gibt es ein paar Sitzplätze. Sozusagen ein Speisewagen, nur dass ich nicht ausmachen kann, ob irgendjemand dort je einmal etwas serviert hat. Bezeichnend sind aber all die Deutschen, die wie die Fliegen überall herumschwirren. Man hat das Gefühl, an einem der größeren Bahnhöfe Deutschlands zu sitzen, wo die englischen Ansagen den Gesamteindruck um einen Hauch von Pseudo-Internationalität ergänzen.

Abendstimmung

Es verlässt dann übrigens doch jemand den Zug. Wir halten nämlich noch einmal und haben dabei die Möglichkeit, auszusteigen. Zeit für ein Foto, aber auch nicht für viel mehr. Denn die Hitze ist doch recht überwältigend, nachdem die Klimaanlage so angenehm war.

Irgendwann entscheidet sich das Bordpersonal, einen Reiseführer von CD abzuspielen. Eigentlich ist der ganz interessant, aber nur mit Musik in den Ohren die Aussicht zu genießen, ziehe ich irgendwann dann doch vor. Oder aber ein Gespräch mit meiner Sitznachbarin.

Nach einigen Stunden heißt es dann: Gleich kommt das letzte Haus, wir verlassen den bewohnten Bereich. Was dann folgt, wird immer eintöniger und doch stetig interessanter: Das Outback (schöne Fotos auch in der englischen Wikipedia) präsentiert sich in seiner ganzen Schönheit.

Und mit Lesen, Musikhören, Essen, Reden und Fotografieren vertreibe ich mir die Zeit, bis es langsam dunkler wurde. Der Sonnenuntergang, den ich an diesem Abend sehe, gehört wohl zu den schönsten, die ich je sehen durfte. Leider ist es unmöglich, ihn aus dem Zug heraus mit der Kamera einzufangen und so bleiben der Nachwelt wohl nur die recht ordinären Fotos eines trotzdem bemerkenswerten Wechsel des Tages zur Nacht.

Sonnenuntergang

Und dann ist sie weg, die Sonne. Über uns breitet sich der Sternenhimmel aus und überrascht mit einer Vielfalt von kleinen leuchtenden Punkten, wie ich sie noch nie vorher gesehen habe. So etwas funktioniert wohl nur im abgedunkelten Zug ganz weit draußen.

Draußen, wo vorher noch über 40 Grad herrschten, wird es auf einmal kälter. Auf dem silbernen Zug kann man wohl nur noch das Essen vom Vortag aufwärmen, aber keine Spiegeleier mehr braten. Einzig und allein die Klimaanlage hat davon wenig mitbekommen und ist noch immer der Meinung, dass sie die Menschen vor dem sicheren Tod durch Verglühen schützen muss. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich friere mir sämtliche Gliedmaßen ab. Nachts wache ich sogar auf, weil mir so kalt ist. Mit Pullover und Decke geht es dann letztendlich ein wenig besser und es sind ja auch nur noch ein paar (Vorsicht, hier spricht ein Australier!) Stunden bis zur Ankunft.

Als wir die Staatengrenzen zwischen South Australia und dem Northern Territory überfahren – irgendwann nachts, als alle schlafen – wird uns auf einmal eine Stunde geschenkt. Zuvor galt noch die Sommerzeit, die es aber in einigen Staaten Australiens nicht gibt. Die Uhren sind aber längst umgestellt, noch vorm Einschlafen hat man uns dazu aufgefordert.

Fast übertrifft der Sonnenaufgang den -untergang, aber nur fast. Trotzdem sind die Farben schier unbegreiflich und der unendliche Himmel strahlt in den verschiedensten Tönen. Er stimmt uns ein auf die Ankunft in Alice Springs einige Stunden später, diesmal knapp unter der 40-Grad-Marke. Und nach nur läppischen 25 Stunden und 25 Minuten Zugfahrt.

Sonnenaufgang

(mehr Fotos gibt es in einem Fotospecial)

The Ghan (Teil 1)

Samstag, den 6. Dezember 2008

Ghan. Ein kleines Wort für einen großen Zug. Wie viele Waggons er genau hat, vermag ich nicht zu zählen, aber es sprengt doch ein wenig das Vorstellungsvermögen des Durchschnittsreisenden, der sich von Zeit zu Zeit in einen InterCity setzt (zugegeben, in Australien geht es auch noch länger).

The Ghan während eines Zwischenstopps

Ein paar bewegte Bilder gibt es auch, aufgenommen von YouTube-User zadelaro (inwieweit die Angabe von 160 Waggons inklusive 40 Autowaggons stimmt, vermag ich nicht zu beurteilen):

Der Ghan verkehrt von Adelaide Google MapsGoogle EarthMultimap.com nach Darwin Google MapsGoogle EarthMultimap.com und hält in Alice Springs Google MapsGoogle EarthMultimap.com und in Katherine Google MapsGoogle EarthMultimap.com. Die vollen 2.979 Kilometer werden wir uns aber nicht antun, sondern in Alice Springs aussteigen. In unnötiger Hektik, wie ich rückblickend feststelle. Denn kürzer als drei Stunden hält der Ghan dort selten.
Eine grobe Übersicht über die verschiedenen Strecken in Australien gibt es bei Rail Map Australia. Wer ganz genau wissen möchte, wo der Ghan langfährt, kann sich einmal bei Rail Australia die genaue Route angucken.

Begonnen hat die ganze Reise mit einem Ticket. Ein kleines Stück Papier, das uns damals je 214 Dollar gekostet hat (mittlerweile sind es inklusive Treibstoffzuschlag schon 225 Dollar) und in einem Ticketumschlag mit einem schönen Foto im Briefumschlag zu mir nach Hause kam.

Ticketumschlag

Das Ticket zum Schülerpreis zu bekommen, war schon ein kleines Abenteuer an sich. Bei Great Southern Rail, der Eisenbahngesellschaft, die den Ghan betreibt, telefoniert man nämlich mit einer sehr praktischen Hotline, hat aber jedes Mal jemanden anderes am Telefon. Und das war auch der Grund, weshalb die Meinungen auseinander gingen, als ich klären wollte, ob man unsere concession card aus Victoria anerkennen würde. Am Schluss ging dann aber doch alles ganz wunderbar.

Ticket

In Adelaide fängt alles dann damit an, dass der freundliche Mann von Annie’s Place uns am Bahnhof absetzt. Der besteht vor allem aus einem langen Bahnsteig hinter einem Zaun und einem Gebäude, in das wir dann hineingehen. Innen ist es angenehm kühl im Vergleich zu den um die 40 Grad, die außen zur besten Mittagszeit herrschen. Ein wenig fühle ich mich erinnert an das Kreuzfahrtterminal in Bremerhaven, es ist kein Flughafen und doch scheint es so.

Unsere größte Sorge hat wohl dem Gepäck gegolten. Und zwar gar nicht mal dem, das wir aufgeben dürfen (das war für unsere doch vergleichsweise kurze Reise großzügig bemessen), sondern dem Handgepäck:

„one travel bag not exceeding 20kgs in weight and no larger than 50 x 30 x 30cm (lenght x height x width)“

Das hätte wirklich ein wenig mehr sein können. Allein unsere Verpflegung nimmt schon genug Platz in Anspruch: Weintrauben, Bananen, Toast, Nutella, ANZAC-Day-Cookies, Wurst, Käse, etwas zu Trinken und diverse andere Dinge streiten sich mit dem nichtorganischen Gepäck und unseren Füßen um den Fußraum. Dessen Umfang ist eigentlich ganz akzeptabel, nur ist er nicht länger existent, nachdem wir uns mit unserem Hab und Gut auf den Plätzen niedergelassen haben.

Weil wir aber nacheinander einchecken und gegenseitig auf das überzählige Handgepäck aufpassen, klappt alles ganz wunderbar, wir erhalten unsere Gepäckabschnitte und es kann endlich losgehen.

Gepäckabschnitte

Reisetag 1 – in aller Länge

Freitag, den 28. November 2008

Der erste Tag der Reise besteht – ganz dem Namen nach – zum überwiegenden Teil aus dem Reisen. Erst fünfzig Minuten Fahrt nach Mount Gambier, die durch die Zeitverschiebung auf nur zwanzig zusammenschrumpfen, dann, nach einem Besuch bei Bekannten und dem obligatorischen Warten nach dem Einchecken, eine gute Stunde Flug nach Adelaide. Dort angekommen bringt mich ein Taxi für knapp 20 Dollar zu meiner Unterkunft, wo ich Isabel treffe.

Annie's Place in Adelaide

Unser Zimmer in „Annie’s Place“ ist direkt am Eingang und hält acht Betten bereit. Und ist voll belegt, wie sich später herausstellt. Eingerichtet ist es in etwa im Stil einer Jugendherberge. Vier Etagenbetten, zusammengeschweißt aus verschiedenen Metallstreben und liebevoll in Orange getaucht, teilen sich den Platz mit nur einem Stuhl für alle und dem Gepäck. Das Zimmer hat zwei Türen: Eine zum Flur, mit einem Kombinationsschloss gesichert, und eine zur Straße, die zwar verschlossen ist, die man aber aufschließen und ein Stück öffnen kann. Größere Dummheiten verhindert das Bett, was vor der Tür steht.
Auf den ersten Blick macht der Raum, dessen oberes Drittel noch immer in den Renovierungsarbeiten stecken geblieben zu sein scheint, einen sauberen Eindruck. Das Fenster ist ein Stück weit geöffnet und ein Deckenventilator schiebt ein zugegebenermaßen doch recht warmes Lüftchen umher. Auf den zweiten Blick offenbart sich jedoch, dass zumindest hinter den Betten schon seit einiger Zeit niemand mehr sauber gemacht hat.

Der restliche Tag beinhaltet nur wenig wagemutige Entdeckungsreisen. Wir machen uns auf den Weg zu Coles, um einzukaufen, finden den Supermarkt dann aber geschlossen vor. Ein Stück weiter die Straße hinauf finden wir dann einen kleineren Supermarkt, der auch geöffnet ist.
Viel mehr hält der Tag nicht bereit, Temperaturen von vierzig Grad haben, besonders dann, wenn man sie ohne Klimaanlage erlebt, die Eigenschaft, aus jedem die Lebenslust herauszusaugen und gleichzeitig den entscheidenden Anflug typisch australischer Lässigkeit herauszukitzeln.
Um sieben Uhr schließlich gibt es Abendessen. Für lau, wenn man gleichzeitig ein Getränk kauft. Chili con Carne mit Reis steht heute auf der Speisekarte und schmeckt ganz gut. Man bietet uns Bier an, wir bleiben allerdings nüchtern. Am Nachbartisch lassen sich einige Deutsche nieder, von denen uns einzelne Gesichter bekannt vorkommen. An der eindeutigen Zuordnung scheitern wir aber.
Danach sinken die Temperaturen dann zumindest ein wenig in den oberen Zwanzigerbereich und zusammen mit einer warmen Dusche, die die Perspektive in Sachen Temperaturempfinden ein wenig ändert, sorgt das für eine doch letztendlich recht angenehme Nachtruhe. Verhältnismäßig.


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