Zwei Monate sind nun vorüber, so langsam kehrt hier unten das Alltagsleben ein. Zeit für einen kleinen Rückblick auf das bisher Erlebte.
Die erste Zeit war hart – ich glaube, das kann man so sagen. Das Einleben im fremden Land „Australien“ wurde mir durch die Begleitumstände doch etwas erschwert. Die Zeit bei meiner Koordinatorin und dann der Umzug zu meiner ersten richtigen Gastfamilie war stressig, aber es wurde langsam besser.
Nicht nur die großen Sachen wie zum Beispiel die Sprache sind anders. Es sind vielmehr die kleinen Dinge, die einen Tag für Tag wieder überraschen: Die Sonne, die zur Mittagszeit im Norden statt im Süden steht. Die Autos, die auf der falschen Fahrbahnseite fahren. Einzig und allein das Wasser im Ausfluss habe ich noch nicht eingehend genug studiert, um herauszufinden, ob es tatsächlich in die andere Richtung strudelt.
Auch die Menschen hier sind anders. Gemeinsam haben sie alle eines: Sie sprechen Englisch. Einige wiederum sprechen auch Deutsch. Mein Pastoral Group Lehrer zum Beispiel. Oder Flavia, eine meiner Mitschülerinnen in meinem Mathekurs.
Allesamt sind sie das, was man von einem typischen Australier immer so sagt: Offen und freundlich. Das geht so weit, dass ich die Umgangsformen meiner Mitschüler untereinander neu lernen und einschätzen lernen muss. Hier wird umarmt wie in Deutschland „Hallo“ gesagt und auch die inflationäre Benutzung von „I love you“ in der Bedeutung „Ich mag dich“ anstelle des „Ich liebe dich“ wirkt zu Beginn etwas skurril.
Auch die Schule ist nicht so, wie ich sie aus Deutschland gewohnt bin. Nicht nur, dass hier die Fächerwahl bereits im siebten oder achten Schuljahr beginnt* und die Schüler daher nicht in Klassen, sondern in Häusern angeordnet sind – sondern auch das Fächerangebot und das Leistungsniveau sind anders. Das eine deutlich höher, das andere genau so deutlich niedriger.
Und auf einer katholischen Schule ist sowieso erst einmal alles anders. Die Messe, die von Zeit zu Zeit während der Schulzeit abgehalten wird, gehört dazu. Und dass die E-Mail-Signatur meines Physiklehrers einen religiösen Spruch enthält, war auch erst einmal eine komische Sache. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran, obwohl die Attraktivität der Aktivitäten im Religionsunterricht und die damit verbundene Arbeitshaltung und die in Deutschland sich erstaunlicherweise nichts nehmen.
Es ist immer da, aber nur wenn es schlecht ist – oder sich grundlegend ändert -, bemerkt man es: Das Wetter. Im Winter im T-Shirt durch die Innenstadt zu spazieren, würde in Deutschland den wenigsten Leuten einfallen. Das ist in Angesicht des Klimas auch eher verständlich. Hier ist es recht normal. Zumindest dann, wenn es nicht „der kälteste Morgen in Sydney seit 21 Jahren“ ist. Ist es aber normalerweise nicht, nur so alle 21 Jahre…
Meine Sonnenbrille zu tragen, habe ich mir übrigens schon angewöhnt. Außer an bedeckten Tagen und in Gebäuden natürlich habe ich sie immer auf der Nase. Und das ist auch gut so, schließlich möchte ich von meinen Augen gerne noch etwas länger etwas haben und die Sonne scheint hier doch ziemlich lang und ziemlich stark.
Apropos Innenstadt, Ladenöffnungszeiten sind hier auch so eine Sache. Da ist nichts mit abends noch einmal durch die Innenstadt bummeln – hier werden noch vor 18 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt. Und dann kommen die bösen Leute, habe ich mir sagen lassen. Eintritt in Pubs gibts unter 18 Jahren ohnehin nicht, also was will man denn dann noch draußen?
Auch der Alkohol ist hier ein Thema für sich. Eigentlich sollte es ihn erst ab 18 Jahren geben. Aber augenscheinlich funktioniert das ungefähr genau so gut wie die 16-Jahre-Grenze in Deutschland: Fast gar nicht bis ganz gar nicht. Und die Diskussionen über Alkoholintoxikationen im Fernsehen sind die gleichen. Die Alkoholschmuggelei auf Klassenfahrten nebenbei übrigens auch.
Die Musik in Australien ist nicht viel anders als die in Deutschland. Die selben internationalen Acts und dann halt anstelle Deutschrocks eben die Gewinner von Australian Idol. Außer Rammstein und Tokio Hotel – die sind auch hier unten bekannt und Rammstein hört man sich wohl auch mal ganz gerne an. Und Schnappi, aber da werde ich mich drüber ausschweigen. Schließlich singen meine Gastschwestern es schon oft genug.
Das, was die meisten Austauschschüler mit am meisten fürchten, eine fremde Sprache zu sprechen, ist überhaupt kein Problem. Nein, ganz im Gegenteil: Ich bekomme diesen netten Austauschschüler-Bonus wenn ich wieder einmal das erste e in vegetables stimmhaft ausspreche und die Lacher so halb auf meiner Seite habe. Ein bisschen lachen sie dann doch über mich, meine Mitschüler, aber sie meinen es nicht böse.
Für den Busch und seine weite Landschaft ist Australien berühmt – gesehen habe ich von beidem aber noch nicht so sonderlich viel. Genaugenommen habe ich in Deutschland in den Bildbänden sogar mehr Busch gesehen als in Australien.
Aber wenigtens den Regenwald werde ich bald erleben dürfen. Wenn es im November nach Queensland geht, wird das nur einer von vielen interessanten Punkten sein…
Und wem das noch nicht genug des Rückblickes war, der ist gerne aufgerufen, ein wenig in der „Fragen und Antworten„-Sektion zu stöbern und selbst etwas dazu beizutragen. Und hoffentlich bald veröffentliche ich auch die Berichte des vergangenen Monats. Geduld ist eine Tugend, sagt mein Gastvater. Wo er Recht hat, hat er Recht. Und in der Zwischenzeit kann man sich ja an meinen Fotos erfreuen…
*) Die Fächerwahl in einem derart jungen Alter sorgt übrigens für kontroverse Diskussionen. Nichtsdestotrotz geht das Ganze aber auch noch eine Spur verschärfter, wie man in Deutschland gerade zu zeigen versucht.