Reisebericht Queensland (Tag 1)

Freitag, den 16. November 2007

Freitagmorgen, viertel nach fünf – der Wecker klingelt zum ersten Mal. Gegen halb sechs raffe ich mich dazu auf, mein Bett zu verlassen. Zähneputzen und dann das obligatorische Frühstück einnehmen. Wobei ich das auf ein Glas Wasser herunterschrauben kann. Um fünf vor sechs ist alles bereit. Meine Box steht vor der Tür, samt Koffer, Rucksack, Laptoptasche, Fotorucksack und der roten RMIT-Tasche. Mein gesamtes Hab und Gut, alles auf einem Fleck gibt mir doch ein wenig Umzugsfeeling. Berenice und Jerren sitzen am Tisch und wir warten.
Um kurz nach sechs kommt Lara mit ihren Gasteltern. Und einem Hund im Kofferraum, der wie ein Golden Retriever aussieht, mir aber als ein Golden-/Labrador-Retriever-Mix vorgestellt wird. Wir verstauen das Gepäck und tatsächlich passt alles in den Kofferraum. Ich verabschiede mich von Berenice und Jerren, bedanke mich bei ihnen und dann geht es los, zum letzten Mal zieht Shepparton an mir vorbei.
Auf dem Weg denke ich über meine neue Familie nach, von der ich noch nicht wirklich irgendetwas weiß. Und bekomme, weil Lara im Moment nicht schwer heben kann, noch die Fürsorge für den Transport eines zweiten Koffers übertragen.
Am Flughafen stehen wir, nachdem Lara eingecheckt und ich meinen Koffer abgegeben habe, vor der Sicherheitskontrolle und damit vor einem Problem. An dieser Stelle sei angemerkt, dass ich froh war, dass es sich nur um ein Taschenmesser in der Handtasche und nicht um eine klappbare Axt handelt. Glücklicherweise wissen die Sicherheitsbeamten von einem der Läden vor der Kontrolle, dass man dort gerne für einige Minuten Babysitter für ein Taschenmesser spielt.
Als ich durch die Kontrolle gehe, zeigt eine Laufschrift am Gerät, das das Handgepäck durchleuchtet „Mobiles OK“ und ohne zu realisieren, was das wirklich bedeutet, lasse ich mein Handy in der Tasche und marschiere durch die Kontrolleinheit. Kann natürlich nicht gut gehen, im zweiten Anlauf klappt es dann aber.
Nach so viel Aufregung gibt es erst einmal etwas zwischen die Beißerchen. Laras Gastmutter spendiert eine Runde Muffins für alle. Noch ein Abschiedsfoto und dann geht es los zum Flugzeug. Mein Gepäck sitzt noch immer im Wagen und von Margaret war auch noch nicht viel zu sehen. Aber sei es drum, ich fliege jetzt in den Urlaub!

Blick aus dem Flugzeug

Ankunft in Cairns

Auf dem Flug gibt es erst einmal etwas zu Essen: Reis mit Fleisch, Gemüse und Cashewkernen. Wahlweise auch ein anderes Gericht. Und das alles garniert mit dem Simpsons-Film.
Ich trage wieder mein Quantas-Shirt und diesmal fragt mich doch tatsächlich einer der Flugbegleiter, ob Quantas meine Koffer verloren habe. Ich sage Ja, es waren zwar nicht meine, aber der Verlust eines Gepäckstückes ist dafür verantwortlich, dass ich das T-Shirt überhaupt tragen kann. Dann entschuldigt er sich dafür.
Bevor wir landen mache ich noch einige Fotos aus dem Flugzeug.

Als Lara und ich in Cairns Google MapsGoogle EarthMultimap.com ankommen, schlägt uns als erstes die feuchtwarme, schwüle Luft entgegen. Am Ende des Ganges erwartet uns jemand mit dem „SCCE“-Schild. Wir holen unser Gepäck (mein Koffer ist natürlich wieder mal fast letzter), sehen einige andere Austauschschüler mit uns am Band stehen und finden uns schlussendlich in einer Gruppe von ungefähr einem Dutzend wieder bei der Frau mit dem Schild ein. Die übergibt ihren Posten an ihre Kollegin und läuft mit uns zu den Bussen. Also zu der Stelle, wo unser Bus sein sollte. Sollte.
Sie telefoniert einen Moment und erzählt uns dann – „für die, die es noch nicht wissen“ -, dass wir die nächste Woche in einer Gruppe von ungefähr 120 Austauschschülern verbringen werden.
Auf dem Weg zum Resort Google MapsGoogle EarthMultimap.com versuche ich, Jerren eine SMS zu schicken, bin aber aus unerklärlichen Gründen auch im fünften Anlauf nicht erfolgreich.

Im Resort angekommen, bin ich zunächst einmal von der Qualität der Unterkunft überrascht – und neidisch auf alle diejenigen, die in Badebekleidung und Handtüchern an die Rezeption kommen, um die Neuankömmlinge in Augenschein zu nehmen.

Eingang des Cairns Colonial Resort

Ich warte also an der Rezeption, während Lara sich schon zu anderen Leuten gesellt hat. Nicht nur auf die Zimmerschlüssel, sondern auch auf die nächste Busladung, die meine Flugbegleitung Katharina und Franziska bringt. Und dann taucht Marvin, den wir auch vom Flug kennen, auf.
Er ist es auch, der mir mitteilt, dass ich mit ihm und zwei weiteren Deutschen in einem Zimmer übernachten werde. Bis wir in das Zimmer hineindürfen, dauert es aber noch einen Moment, denn es ist noch nicht bezugsfertig.
Einer der Betreuer sammelt Handynummern von allen Teilnehmern und gibt die grobe Zeitplanung für den Abend aus, die bis zum Abendessen erst einmal Freizeit vorsieht.

Eine lange Stunde im Foyer später sind die Zimmer dann aber auch fertig. Erstaunlich gut eingerichtete Zimmer übrigens: Fernseher, Kochnische, Badewannen-/Duschkombination. Nur bei den Betten hat man ein wenig gespart, es sind nur zwei Betten im Zimmer. Marvin schläft so auf der Coach, meine kann ich wenigstens ausklappen.

Auf dem Weg zurück zur Rezeption klingelt mein Handy. Ich gehöre eher nicht zu den Personen, die sich eines Handys bedienen würden, um mit Personen auf dem gleichen Grundstück zu kommunizieren. Aber irgendwie ist es doch praktisch – und wenn man es nicht bezahlen muss, warum nicht?
Der Telefonanruf verheißt Schwimmen gehen und das mache ich dann auch. An dieser Stelle Respekt an Katharina für das Ausnutzen einer einzigartigen Situation, mich unfreiwilligermaßen Baden lassen zu gehen. Und das, obwohl ich ihr das zuvor immer angedroht habe. Ich bin einfach ein zu netter Mensch.

Pool

Pool

Das Abendessen ist ebenso gut wie die Zimmer. Zwar ist es natürlich ein Buffet, aber ich könnte mich nicht über Auswahl und Reichhaltigkeit der Speisen beklagen.

Buffet zum Abendessen

Nach dem Abendessen geht es zu einer umfangreicheren Besprechung der kommenden Tage: Eine Vorstellung der Betreuer, eine Erinnerung an die Regeln (die wohl außer mir ohnehin niemand gelesen hat) und die Einteilung in sechs Gruppen sind die wesentlichen Punkte, für die wir zwei Stunden im Konferenzraum auf dem Boden sitzen. Apropos Punkte: Jede Gruppe erhält 200 davon; mehr gibt es bei gutem, Punkte abgezogen werden für schlechtes Verhalten.

Zwei der drei Pools werden um acht Uhr geschlossen, weil sie an die Rückfront von Zimmern angrenzen, was mich aber trotzdem nicht davon abhält, den Abend gemütlich am Pool zu verbringen.

der letzte Tag

Freitag, den 3. August 2007

Freitag. Der letzte volle Tag in meinem Übergangszuhause. Ich wache auf, irgendwann – gefühlt so zwischen drei und vier Uhr, weil irgendjemand auf die total abwegige Idee gekommen ist, jetzt etwas in der Küche zu machen. Fünf Minuten später ist aber wieder Ruhe und ich kann weiterschlafen.
Gegen viertel vor acht geht es wieder los. Diesmal bleibe ich wach, obwohl ich die Bettdecke über beide Ohren ziehe. Und um viertel nach acht guckt Charlotte durch die Tür, bittet mich, die Wäsche herauszuhängen, sobald diese fertig ist und dann die Waschmaschine noch einmal anzustellen. Und teilt mir mit, mein Termin mit der Schule sei doch erst Montag.
Erleichert, dass ich heute mein Handy in Empfang nehmen kann, stehe ich auf, während die anderen das Haus verlassen. Die Waschmaschine verrät mir, dass sie noch einige Minütchen für den aktuellen Waschgang braucht und ich versorge erst meinen Laptop und dann mich mit dem Nötigsten.

Unnötig zu sagen, dass ich den Vormittag über diverse Male zum Briefkasten laufe. Ebenso unnötig zu sagen, dass erst nichts darin ist und als dann etwas darin ist, nichts für mich dabei ist.

Als Rush und Jol aus der Schule kommen, überreicht mir Rush ein Päckchen: Mein Handy! Ich packe es aus und stelle fest: Joah. Ungefähr so, wie ich es erwartet habe. Bin mir nicht so ganz sicher, ob es wirklich ein neues oder nur ein erneuertes Handy ist. Und das Display sitzt ein wenig hoch im Gehäuse. Aber immerhin – ein Handy! Und ohne Simlock, meine SIM-Karte funktioniert.
Ich teste die Bluetooth- und Infrarotfunktionen und überspiele die SMS der alten SIM-Karte auf meinen PDA zwecks Archivierung.

Grant kommt von der Arbeit und führt Anger aus, während ich mir eine Dusche genehmige. Danach muss ich erst einmal das Licht im Wohnzimmer einschalten, das ist nun eindeutig notwendig geworden. Als Grant zurückkommt, sagt er, er habe Charlotte unterwegs gesehen, sie würde gerade Hühnchen und Pommes Frites zum Abendessen kaufen.
Und er hat recht, als Charlotte nach Hause kommt, hat sie genau das – und noch Fisch – mit. Wir essen, wieder nur zu dritt und jeder von uns vertreibt sich dann noch ein wenig seine Zeit, bevor wir um halb acht das Haus verlassen.

Wir fahren nach Mooroopna ins „WestSide„, ein kleines Theater. Dort führt die Wanganui Park School (beziehungsweise laut Programmheft das Wanganui Park Secondary College) das Musical „Disco Inferno“ auf. Kim und Kate sehen auch zu.
Nicht alle Witze bekomme ich mit, aber doch die meisten. Das Stück selbst und auch die Inszenierung gefallen mir. Rush und Jol spielen auch mit; Rush gehört zu einer Gruppe Tänzerinnen, Jol spielt eine Radioansagerin und ist dann Teil einer Menschenmenge.
Das Musical dauert zwei Stunden und als es dann um elf Uhr zu Ende ist, müssen wir noch warten, bis Rush und Jol ihre Kostüme abgelegt haben. Dann fahren wir nach Hause und ich gehe wenige Minuten vor Mitternacht ins Bett.

erwartungsvolles Warten

Donnerstag, den 2. August 2007

Der Tag beginnt mal wieder etwas früher. Mein Wecker steht auf acht Uhr, aber ich wache vorher auf. Nachdem um halb neun Anger seinen Kopf durch die Tür gesteckt und einige Minuten unschlüssig vor meinem Bett verweilt hat (wohl in der Annahme, ich sei Kim), stehe ich auf, als dann alle das Haus verlassen haben.

Mein Frühstück muss erst einmal warten, ich wechsele die Telstra-SIM-Karte gegen die von iSim aus. Leider hat das Handy einen Simlock und da ich nicht im Besitz des subsidy passwords bin, bleibt mir nichts übrig, als auf den Postboten zu warten, der heute hoffentlich mein neues Handy bringt.
Da man mich auf dem Handy nicht erreichen kann, rufe ich gegen kurz nach neun bei meiner neuen Gastfamilie an, um mich nach dem Termin für meine Einschulung zu erkundigen. Ich erwische die beiden im Laden (wo auch sonst um diese Uhrzeit), Berenice sagt mir, dass sie alle Unterlagen in die Schule gebracht habe und man ihr einen Termin für morgen in Aussicht gestellt habe. Man würde sie morgen wieder anrufen, wann genau und sie würde mir das dann mitteilen. Ich berichte Jerren, dass das Handy einen Simlock hat und dass ich mein neues heute erwarte. Schließlich ist es schon seit Montagmorgen in der Post und da könnte es heute so langsam mal ankommen.

Da ich aber nun heute nicht mehr außer Haus muss – und damit auch mein Plan ins Wasser fällt, die Post- und Bankfiliale in der Innenstadt Sheppartons zu besuchen -, beeile ich mich, meinen Brief an SCCE auf seinen Weg zu bringen: 15 Minuten für den Hinweg zur Post, 10 Minuten im Laden, 13 Minuten für den Rückweg. 38 Minuten mit der Hoffnung, den Postboten nicht zu verpassen. Denn der Briefkasten ist zu klein für ein Päckchen.

Vogel auf der Straße

Als ich zurückkomme, scheine ich Glück gehabt zu haben, der Briefkasten ist noch immer leer. Ich setze mich wieder an den Computer, um jede halbe Stunde aufzuspringen, um in den Briefkasten zu gucken. Denn ich warte auch noch auf meine Amateurfunkgenehmigung für Australien.

Es wird elf, zwölf, es wird eins, zwei Uhr – und noch immer ist der Kasten leer und es hat niemand geklingelt. Ich mag diese Tage nicht, an denen man das Gefühl hat, die Post würde einen vergessen.

Irgendwann gebe ich den Gedanken daran auf, dass heute noch die Post kommt. Aber vielleicht ja der Paketbote? Als um halb vier Jol durch die Tür kommt, gebe ich auch diesen Gedanken auf. Als der Paketbote das letzte Mal da war, war es ungefähr zwei Uhr.

Charlotte kommt früher als sonst von der Arbeit nach Hause, begibt sich aber sogleich in ihr Bett. Sie hat sich eine Erkältung eingefangen, die sich schon die letzten Tage bemerkbar gemacht hat.

Später kommt auch Rush nach Hause, doch schon vor dem Abendessen sind die Mädchen schon wieder verschwunden, denn wenn mich mein Gedächtnis nicht verlassen hat, ist heute der erste Aufführungstag ihrer Schulaufführung.
Also essen nur Grant und ich gemeinsam zu Abend, erst gibt es ein wenig von der Suppe, die wir schon vor einigen Tagen hatten. Und wie ich mit seiner Hilfe feststellen muss, sind nicht nur Karotten darin, sondern auch Kürbis – was den eigenwilligen Geschmack erklärt.

Abends zeichnen wir die üblichen Serien für Rush auf Kassette auf und ich schaue den Anfang von Las Vegas. Doch heute ist die Folge zum Serienstart etwas länger und dauert bis zwanzig nach zehn. Ich hingegen verabschiede mich gegen neun Uhr, um mich in mein Bett zu begeben.

live changes … everyday

Dienstag, den 31. Juli 2007

Heute morgen höre ich die anderen aufstehen, bleibe aber noch liegen bis um viertel nach acht.
Dann gibt es wieder die übliche Morgenration Internet, erst später zwei Toasts zum Frühstück – und zwei von diesen leckeren selbstgebackenen Keksen. Was auch immer in ihnen sein mag und wie gesund es auch immer sein mag (Vielleicht ist ja Pepsi darin? Kleiner Scherz am Rande.), schmecken tun sie.
Jol kränkelt noch immer und liegt im Bett. Das Telefon klingelt einige Male, keiner von uns geht ran. Der Hund bellt und als ich ihn hinte rauslasse, läuft er in den Vorgarten und bellt ein Auto auf der Straße an. Ich rufe ihn durch die Vordertür wieder hinein und gehe zurück an den Laptop.

Einige Zeit später klingelt es an der Tür und ich gehe hin. Ein freundlicher Mann steht dort und wie ich nach kurzer Nachfrage verstehe, ist er wegen des Telefons hier. Er habe irgendetwas daran repariert und würde jetzt noch einen Test durchführen. Mmh, schön. Ich setze mich wieder an den Computer. Dann klingelt das Telefon erneut, ein Anruf von einem Handy. Diesmal gehe ich ran und es ist der Telefonmensch. Er wolle nur kurz testen, ob es auch wirklich geht und würde noch einen Zettel im Briefkasten hinterlassen.

Ich sehe nach der Post im Briefkasten. Und zum ersten Mal ist etwas für mich dabei: Meine neue SIM-Karte steckt in einem ExpressPOST-Umschlag. Ich nehme sie mit rein, packe sie aus. Auf meinem derzeitigen Konto sind allerdings noch gut zwei Dollar, die ich ungern verschenken möchte und deshalb wird die Aktivierungsprozedur wohl noch ein wenig warten müssen.

Dann nehme ich mir etwas Zeit, um einige Tagesberichte, die nur als Sprachnotizen und Erinnerungen in meinem Kopf existieren, in eine allgemein lesbare Form zu überführen.

Jol geistert durch das Haus, isst etwas und schiebt eines der Sofas zum Computer, um dann Musik zu lauschen. Rush kommt gegen halb vier nach Hause. Als sie die „Big Brother“-Aufzeichnung von gestern anguckt, realisiere ich, dass das das letzte Mal für eine lange Zeit sein wird. Denn gestern hat Alisha die aktuelle Staffel gewonnen – mit 51 Prozent der Stimmen.

Ich setze mich noch einmal für einen Moment an den Computer, schließlich beginnt in Deutschland langsam der Tag. Und erfahre, dass es andere Austauschschüler gibt, die nicht nur mit ihrem Biologiekurs an den Strand fahren, sondern auch mit dem Sportkurs ins Fittnisscenter und mit dem Entertainmentkurs ins Theater (ja, dich meine ich!). Allerdings – gar keine Schule ist natürlich auch eine interessante Alternative. Und ich muss meine Erinnerungen nicht im school diary (auch student planner genannt) aufschreiben, sondern kann sie direkt am Laptop verfassen.

Als Charlotte nach Hause kommt, erzählt sie mir, dass die Familie, bei denen wir gestern waren, mich gerne aufnehmen würde. Sie könnten aber nicht, wenn der Armbruch des Vaters ausgeheilt ist, werden sie einen Großteil der Woche in einem anderen Ort verbringen und das sei nicht die Art von Familienleben, die sie einem Austauschschüler gerne präsentieren würden.
Charlotte will mich deshalb bei Bekannten in Echuca unterbringen, bei einer Familie, die sie schon kennt, seit Kim klein war. Und Kim ist jetzt 21. Wir haben nämlich nicht mehr viel Zeit, in zwei Wochen gehts für die Familie in den Urlaub. Und weil es einige Zeit dauert, den Papierkram zu erledigen, der notwendig ist, um eine Familie zu einer Gastfamilie bei SCCE zu machen, möchte sie auch nicht mehr abwarten, bis am Donnerstag ein Aufruf in einem der Schulrundbriefe erscheint.

Grant kommt nach Hause und ich helfe ihm, das Abendessen vorzubereiten, indem ich einiges Gemüse in Scheibchenform überführe. Es gibt Nudeln und Hühnchen – mit eben diesem Gemüse.

Beim Abendessen frage ich Charlotte, ob es uns helfen würde, mehr Zeit zu haben. Und ob es helfen würde, wenn ich zunächst einige Wochen bei Jerren wohnen würde, während sie im Urlaub ist und wir eine neue Familie suchen. Das Problem sei, so Charlotte, dass ich bereits die Familie gewechselt habe und SCCE es nicht gern sähe, wenn ich in den nächsten fünf Monaten – also bis Dezember – erneut die Familie wechselte.
Ich rufe Jerren an und schildere ihm die Lage. Er sagt, sie hätten bereits darüber nachgedacht, mich aufzunehmen. Allerdings ginge das nur so lange, wie die älteste Tochter außer Hause verweilt – zum Studieren in Melbourne. Also bis November.
Ich spreche mit Charlotte und sie sagt, das sei schon in Ordnung. Wenn ich einmal bei Jerren wohnen und in der Schule wäre, würde ich Leute kennenlernen, die mich von Dezember bis April aufnehmen könnten. Und ich denke darüber nach, dass das eigentlich eine ganz gute Sache ist: Ich habe bislang für zwei Wochen das Leben auf einer Farm kennengelernt, drei Wochen werde ich bei Charlotte verbracht haben, dann einige Monate bei Jerren und einige in einer ganz anderen Familie. Das ist ungefähr das Prinzip, dass auch Rotary verfolgt und es gefällt mir, sehe ich so doch einen recht schönen Durchschnitt durch die australischen Familien in dieser Gegend.

Charlotte ruft Jerren an und spricht einige Minuten mit ihm. Dann fragt sie mich, ob ich nicht auf einen drive mitkommen wollte – ich frage: „Where to?“ und sie meint, zu Jerren. Natürlich will ich das und wir fahren dorthin. Berenice macht die Tür auf und lässt uns hinein. Ich ziehe, schon aus Gewohnheit, meine Schuhe an der Tür aus und wandele auf Socken ins Wohnzimmer.
Charlotte hat den Gastfamilien-Interviewbogen mit und auch den Fragebogen für Gastfamilien. Sie erklärt Jerren und Berenice den grundlegenden Ablauf und beantwortet ihre offenen Fragen. Cathleen spielt auf der anderen Seite der Küche einige Takte auf der Gitarre und winkt herüber.
Die beiden werden den Fragebogen heute Abend ausfüllen und morgen an Carmel, die Koordinatorin für Victoria, faxen. Auf dem Weg zur Haustür stellt Berenice noch Cathleen und Clarice vor. Charlotte fragt die beiden, ob sie auch wollten, dass ich zur Famile gehöre – sie bejahen. Und Berenice erzählt, dass die größte im Bunde gesagt habe, ich müsse umbedingt.
Ich fahre mit einem ausgesprochen guten Gefühl nach Hause. Mit einem Gefühl, in ein Haus, das schon mein zu Hause ist, bald jeden Tag einkehren zu dürfen. Und ich erzähle Charlotte, dass ich es meinem Hund verdanke, diese Gastfamilie gefunden zu haben. Denn ohne meinen Hund hätte ich niemals den Amateurfunker kennengelernt, der mir das Hobby nahegebracht hat und ohne das Hobby würde ich Jerren nicht kennen.

Wieder angekommen fülle ich mit Charlotte gemeinsam den Interviewbogen aus. Auch er wird morgen seinen Weg in das Büro von SCCE in Melbourne finden.
Morgen wird hoffentlich mein Handy ankommen. Ich frage Charlotte, wann die Post kommt und sie meint, montags und dienstags sei sie üblicherweise spät (also so gegen 14 Uhr) da, mittwochs zwischen 11 und 14 Uhr, donnerstags und freitags meist früh gegen elf Uhr.
Dann schaue ich noch einmal in mein E-Mail-Postfach und informiere meinen Vater über die aktuellen Ereignisse, während im Fernsehen NCIS läuft. Danach kommt Numb3rs – und danach mein Bett.


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