Vor einer Woche war Halbzeit. Die Hälfte der Zeit im Ausland ist rum und die zweite Hälfte scheint nur noch halb so lang. Zeit für einen weiteren kleinen Rückblick.
Ich bin kürzlich gefragt worden, ob ich während meiner Zeit in Australien Heimweh verspürt habe. Die Antwort darauf ist Nein. Natürlich ist es ein komisches Gefühl, sich für fast ein Jahr von zu Hause zu verabschieden und sich in ein Land aufzumachen, in dem man noch nie vorher war, das am anderen Ende der Welt liegt, in dem die Menschen eine andere Sprache sprechen und über das man eigentlich nichts weiß, außer dass es weit weg und heiß ist. Aber im Gegenteil zum Auswandern wusste ich in dem Moment, als ich meinen Fuß ins Flugzeug gesetzt habe, schon ziemlich genau, wann ich aus einem anderen Flugzeug heraus wieder deutschen Boden betreten würde. Und diese Perspektive ist doch sehr hilfreich.
Und natürlich beginnt man mit der Zeit auch Dinge zu vermissen. Erstaunlicherweise sind das aber weniger die großen Dinge als die kleineren Annehmlichkeiten und Gewohnheiten des eigenen Lebens. Das sind Dinge wie das Spazierengehen mit meinem Hund um Mitternacht, in der Mitte der Hauptstraße in meinem Heimatort, immer auf dem Mittelstreifen entlang. Oder um fünf vor zehn Uhr abends noch kurz mit dem Fahrrad einkaufen zu fahren – nur für eine Packung Pringles. Oder mit einem Bus zu fahren, der alle dreihundert Meter an einer Haltestelle anhält (und verhältnismäßig zu den australischen Verkehrsmitteln sehr überteuert ist). Oder einen deutschen Sonnenaufgang zu fotografieren. Oder Kühe über die Felder zu treiben. Oder auszureiten.
Aber es gibt natürlich auch generelle Dinge, die ich vermisse. Die Möglichkeit, selbstständig zu leben und zu handeln gehört zweifelsohne dazu. Und die Möglichkeit, zu arbeiten und keinem Vertrag mehr unterworfen zu sein, der einem genau das verbietet. Freiheit ist ein kostbares Gut, eines der kostbarsten, das wir haben.
Und dann sind da natürlich auch einige lebendige Dinge, die ich vermisse. Menschen und Tiere, große und kleine. Und kleine, die mittlerweile auf dem Weg sind, große zu werden. Menschen, die schon immer zu meiner Familie gehört haben und die immer dazugehören werden. Freunde, die es über die Jahre geworden sind und hoffentlich noch lange bleiben werden. Und natürlich auch meine tierische Freunde, deren Zeitgefühl ein etwas anderes ist und die nicht wissen werden, wie viele Monate ich weg gewesen sein werde, wenn ich wiederkomme.
Passend dazu auch der Spruch, den ich auf dem MySpace-Profil von Ashlee, einer Mitschülerin aus Shepparton, gefunden habe, in meiner eigenen, freien Übersetzung: „Menschen, nicht Dinge, sind die wahren Schätze des Lebens“. Wobei man in dieser Hinsicht das BGB nicht zu wörtlich nehmen sollte.
Hier unten in Australien liegt nun also noch ein nicht mehr ganzes halbes Jahr vor mir. Monate, die viele neue Erfahrungen, viele neue Bekanntschaften versprechen. Monate voller Schule und Ferien, voller Sesshaftigkeit und Reise durch die Weiten Australiens. Warme Monate, sonnige Monate. Und dann schließt sich nach meiner Rückkehr ein hoffentlich nicht zu kühler deutscher Sommer daran an.