Wasting lifetime

Samstag, den 6. Oktober 2007

Irgendwie fühle ich mich komisch. Komisch? Ja, komisch.

Ich sitze viel am Computer, das ist richtig. Und das ist für mich ja eigentlich auch ganz normal so und keinesfalls ein Zeichen von Heimweh. Mag daran liegen, dass ich da auch Geld mit verdiene und mein Leben lang mich mit Technik umgeben habe.

Meinen Gasteltern ist das zu viel. Sagen tun sie das aber nicht, sondern sie schieben Argumente vor: Das sei ungesund ist ein ganz beliebtes. Und das mache den Rücken kaputt auch.

Ich solle doch mal rausgehen, meinen sie dann. Wohl wahr. Ich bin gerne draußen, zu Hause fahre ich oft einfach so zu den Pferden und mache Fotos. Oder ich schnappe mir meinen Labrador und fahre mit ihm durch die Felder. Oder ich fahre allein, nachts um halb eins, noch eine Runde – musikhörend und dann einen Cheeseburger bei Burger King kaufend.
Hier ist das anders. Mit Fahrradfahren ist es hier nicht weit her, schließlich habe ich kein eigenes Fahrrad und weit weg kann ich auch nicht. Berenice hat sich schließlich schon bei Charlotte erkundigt, ob ich denn nun die fünf Kilometer zu meiner Praktikumsstelle alleine zurücklegen dürfte oder ob das schon als „alleiniges Reisen“ gelte. Das sei ja auch ziemlich gefährlich, mit dem Fahrrad auf der Hauptstraße und so weiter.

Zuerst habe ich mir dann deshalb von Zeit zu Zeit einfach meine Kamera geschnappt und bin zu Fuß losgelaufen. Aber so langsam verliert das seinen Reiz. Und vor allem ist der Bewegungsradius dadurch auch recht eingeschränkt.

Und das alles wäre ja nicht so schlimm, wenn Jerren mich nicht jeden Tag fragen würde, was ich denn am jeweiligen Tag erreicht hätte oder ob ich wieder einen Tag verschwendet hätte. Das ruft – auf Dauer gesehen – ein ungutes Gefühl hervor. Denn es ist nicht so, dass ich meine Lebenszeit verschwenden würde, aber ich habe Ferien und meine Interessen liegen halt nun einmal nicht bei alten und neuen Autos oder Dampfmaschinenausstellungen. Deshalb verschwende ich noch lange nicht mein Leben.

Meine anderen Hobbies zu Hause lassen sich nicht einfach auf mein neues australisches Leben übertragen. Ich hatte nicht vor, hier Schülersprecher zu werden. Ebenso wenig ist hier ein Reitstall oder eine Pferdekoppel um die Ecke. Von einer freiwilligen Feuerwehr habe ich auch noch nichts gehört. Einen Hund haben wir nicht – und das Kaninchen werde ich bestimmt nicht spazierenführen.

Vielleicht beruhigt sich das wieder ein wenig, wenn die Schule angefangen hat. Oder vielmehr hoffentlich. Ich bin nämlich ein wenig um meinen Wohlfühlfaktor besorgt.

Komisch halt.

Lieber am Strand oder zu Hause?

Freitag, den 27. Juli 2007

Auch heute kann ich wieder ausschlafen bis um kurz vor neun. Charlotte fährt gegen halb zehn zur Arbeit und zeigt mir vorher einige komische Kreuzworträtsel. Sie wären ganz normal, wenn nicht die kleinen Hinweise fehlen würden und stattdessen ein Oberthema vergeben sein würde. Mit der Hilfe einiger Zahlen soll man auf die Buchstaben schließen können.
Dann habe ich ein wenig mit meinem Laptop im Internet gestöbert und von Leuten gelesen, die doch tatsächlich eine „angenehm“ warme Dusche nehmen können. Und ich habe einige Fotos in meinen Blog eingefügt.
Noch immer bin ich mir nicht ganz sicher, welchen der zwei Trips innerhalb Australiens ich machen soll. Und so schreibe ich eine E-Mail an SCCE und frage, ob noch Plätze für die Queenslandtour im November frei sind.

Dann habe ich eine kleine Fototour durch Shepparton unternommen. Ich bin den Weg gegangen, den ich gestern Abend schon mit Grant und dem Hund gegangen bin. Zwischendurch gab es etwas Probleme mit der Wegfindung, aber ich bin glücklichweise schlussendlich wieder zu Hause angekommen.
Die Musik, die ich dabei gehört habe, war doch irgendwie passend: „So wie jetzt wirds nie wieder“ haben Silbermond gesungen – oder „Leb jeden Tag als wärs das letzte, was du tust“.

Um kurz vor eins kriege ich eine SMS vom Strand. Und kann mich nicht entscheiden, was denn nun schöner ist: Sich den ganzen Tag frei bewegen zu dürfen und keine Schule zu haben oder mit dem Biokurs am Strand zu sitzen. Auch heute ist noch keine Gastfamilie in Sicht.

Abends gibt es Fisch und Pommes Frites. Und die tägliche Ration Soaps und Big Brother. Rush zeigt sich heute Abend von ihrer eher kindischen Seite und ist trotzig.
Dann gehe ich noch mit Grant und dem Hund spazieren. Wir gehen über das Schulgelände. Ein großes Areal, das direkt an die Schule grenzt, wurde vor einiger Zeit von einem Bauunternehmen aufgekauft und wird nun im großen Stil umgebaut. In einem See, wo vor einigen Wochen noch Schwäne waren, sind jetzt nur noch die Frösche quaken zu hören, die weißen Grazien hat der Lärm vertrieben. Und ich erfahre von ihm, dass es in Australien seit dem Vietnamkrieg keine Wehrpflicht mehr gibt.

Dann noch eine Dusche und flugs das Funkgerät ans Ladegerät angestöpselt und um kurz vor zehn ab ins Bett.

Dookie

Dienstag, den 24. Juli 2007

Heute nimmt mich Charlotte mit zur Arbeit. Sie arbeitet nicht, wie ich am Freitag angenommen habe, in der Bücherei in Shepparton, sondern in einer Bibliothek an einer Universität für Agrarkultur in Dookie.
Wir kommen dort um kurz vor neun Uhr an, Charlotte schließt alles auf und ich widme mich meinem Buch. Vorerst zumindest. Die Hauptfiguren in ihm flüchten vor einer Schlange, eine in einen Bach. Die anderen weisen sie darauf hin, dass das kein Schutz sei. Ich nehme mir vor, unbedingt herauszufinden, ob Schlangen schwimmen können. Man weiß ja nie.
Dann helfe ich Charlotte, indem ich Computerausdrucke in laminierte Regalbeschriftungen verwandle. Und ich zeige ihr, wo Schiffdorf liegt.
Den restlichen Vor- und auch den Nachmittag verbringe ich in der Bibliothek und auf dem Campus – einem Campus der anderen Art. Überall sind landwirtschaftliche Geräte. Die Größe der Weiden werden in Ar gemessen und eine 4,5 Ar große Weide scheint da noch zu den kleineren zu gehören.
Ich mache Fotos von der Landschaft und von einer Schafherde, bis meiner Kamera der Saft ausgeht. Ersatzakkus habe ich nicht dabei.

Berge

an dieser Straße liegt das Dookie College

Bäume auf dem Campus des Dookie Colleges

Vorsicht, kreuzende Kuhherden!

Ameisen wollen hoch hinaus

Schafherde

Zurück in der Bibliothek lese ich Zeitung. Und wieder fällt mir auf, dass immer, wenn es hier in Australien um Wasser geht, die Rede von Kilo-, Mega- oder ganz selbstverständlich auch Gigalitern ist.
Zu Mittag teilen Charlotte und ich uns ein kleines Nudelgericht. Da wir beide aber auch noch ein Brötchen haben, ist das mehr als ausreichen. Als Dessert hat Charlotte zwei Becher eingepackt, die ich zunächst für einfache Joghurts halte. Dann stellt sich aber heraus, dass es sich um Aprikosen und um Fruchtsalat handelt, beide von Weightwatchers… Ich esse den Fruchtsalat. Kalt, sehr kalt, aber lecker.
Dann widme ich mich einem Lehrbuch über Statistik. Und verstehe endlich einmal, wie man boxplots lesen muss.
Charlotte bietet mir einen Computer mit Internet an und ich kann nicht wiederstehen. Ich lade einige Fotos in meinen Blog. Dann ruft Jerren an. Wir vereinbaren, dass ich ihn am Samstag besuchen komme. Er muss zwar arbeiten, aber zwischen neun und zwölf Uhr habe er Zeit und ich sei willkommen.
Als ich am Computer Schluss mache, – zugegebenermaßen nach mehr als 30 Minuten – ist es kurz nach vier. Charlotte spricht mit mir über die Reisen, die Southern Cross anbietet. Sie empfiehlt mir die Reise nach Zentralaustralien. Auf ihr würde ich einen guten Eindruck von der Weite Australiens bekommen. Das Great Barrear Reef hingegen, die Hauptattraktion auf der Reise nach Queensland sei zu dieser Zeit eher unattraktiv. Und der ‚Central Australia-Trip‘ würde sich auch schon deshalb anbieten, weil er am Ende meines Aufenthalts stattfindet.
Die letzten Studenten verlassen gegen halb fünf die Bibliothek, Charlotte möchte um zehn vor schließen. Um zwanzig vor stiehlt sich eine vermutlich Studentin einer anderen Universität hinein, ist aber pünktlich wieder draußen. Charlotte kauft sich ein Eis und gibt auch mir eines aus.
Auf dem Weg nach Hause bietet sich uns im Sonnenuntergang ein wundervoller Anblick. Als wir an einer Pferdeherde vorbeifahren, ertappe ich mich selbst, wie ich die Pferde zähle, leise, für mich. Auf Englisch.

Zum Abendessen gibt es Lasagne. Leider sind die Nudelplatten, mein Lieblingsteil einer jeden Lasagne, nicht alle weichgekocht. Viel zu viele für meinen Geschmack sind viel zu hart. Aber das Hack und die Sauce schmecken und ich werde satt.
Grant fährt Rushlee in die Schule, anscheinend stehen noch Proben für die Aufführung an. Er sagt, er nehme Anger mit. Wörtlich sagte er: „I’ll just take Anger for a drive“…

Abends, als alle zurück sind, gucken wir NCIS. Ich kenne die Folge schon, bin aber immer noch am Überlegen, was ‚Folge‘ auf Englisch heißt…
Obwohl ich heute Mittag ein kleines Nickerchen abgehalten habe, werde ich langsam müde und außerdem habe ich ein Bedürfnis nach ein bisschen Ruhe und so gehe ich um halb zehn zu Bett. Eineinhalb Stunden später als noch vor einer Woche.


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